„Ich wollte nur, dass es aufhört“
Cosby-Opfer Kronzeugin vor Gericht: Nach dem Dinner kam der Comedian zur Sache. Drei blaue Pillen machten sie willenlos
Norristown – „Er war mein Mentor, ich habe ihm vertraut.“Showdown am zweiten Gerichtstag zwischen Bill Cosby und der Frau, die ihm sexuelle Nötigung vorwirft. Andrea Constand wird von der Staatsanwaltschaft im Prozess in Norristown als Kronzeugin in den Zeugenstand gerufen. Gegen den Mann, den die ehemalige Universitätsangestellte einst als väterlichen Freund ansah.
Im Gerichtssaal sitzen weder Mitglieder von Cosbys Familie noch seiner TV-Familie. Vielleicht weil sie ahnen, welch schmutzige Details auf den Tisch kommen werden. Cosbys Miene ist wie versteinert, als Constand schwört, nichts als die Wahrheit zu sagen.
Die 44-Jährige, die damals das Frauen-Basketball-Team der Temple University in Philadelphia leitete, berichtet mit leiser Stimme, wie ihr Cosby 2002 bei einem Basketballspiel vorgestellt wurde: „Danach hat er mich in meiner Funktion als Direktorin regelmäßig im Büro angerufen. Es ist eine Freundschaft daraus geworden und er hat mich zu sich nach Hause zum Dinner eingeladen.“Nach dem Essen kam der Komiker zur Sache. Constand: „Er hat versucht, den Knopf meiner Hose aufzumachen. Ich hab zu ihm gesagt, dass ich das nicht will.“
Constand sagt, dass sie dennoch den Kontakt aufrechterhielt, weil „mir der Vorfall nicht wirklich Angst gemacht hat“. Als sie Cosby anvertraute, dass sie einen Karrierewechsel plante, lud der 35 Jahre ältere Schauspieler sie 2004 zu sich nach Hause zum Beratungsgespräch ein. Constand: „Nach 30 Minuten Reden hat er mir plötzlich drei blaue Pillen in die Hand gedrückt und gesagt: ‚Die helfen dir, relaxt zu sein.‘ Ich fragte, ob sie pflanzlich sind, und er nickte. Ich habe ihm geglaubt und sie geschluckt.“Von einer Minute zur nächsten habe sie den Effekt der Pillen gemerkt.
Constand blickt direkt zu den Geschworenen: „Ich fing an zu lallen und habe Mr. Cosby gesagt, dass ich ihn doppelt sehe.“Dieser habe sie dann zu einer Couch geführt. Constand atmet tief ein: „Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, ohnmächtig geworden zu sein. Plötzlich bin ich wach geworden und hochgeschossen, als ich fühlte, wie Mr. Cosby mit einer Hand meine Brüste betatschte und mit der anderen Hand in meiner Vagina war.“Constands Stimme stockt, im Saal absolute Stille. Die Staatsanwaltschaft will wissen, ob sie gesagt habe, er solle aufhören. Constand weint: „Ich konnte nicht. Ich war wie gelähmt. Ich wollte, dass es aufhört.“
Nur drei Meter von ihr entfernt mutiert Cosbys Pokerface zu einem kurzen Grinsen. Dann streicht er sich mit der Hand über seine Lippen, als würde er nachdenken. Der 79-Jährige ist wegen sexueller Nötigung in drei Fällen angeklagt. Ihm droht eine Höchststrafe von 30 Jahren Gefängnis. Seine Verteidigung: Der sexuelle Kontakt sei im gegenseitigen Einverständnis passiert.