Hamburger Morgenpost

Über was damals geschnackt wurde

Erstmals fuhr ein Bus von der Altstadt nach Harburg – er brauchte dafür zwei Stunden. Und sogar die Elbvertief­ung war schon ein Thema!

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Hamburg im Jahr 1853: Der Omnibusver­kehr zwischen Jungfernst­ieg und Harburg wird aufgenomme­n. Die Fahrtzeit – man quert die Elbe mit Fähren – beträgt fast zwei Stunden! Die Bürgerscha­ft setzt eine 16-köpf ge Deputation ein, die sich um die Elbvertief­ung kümmern soll. Und auch beim Rohrverleg­en war Hamburg vor 164 Jahren ziemlich weit vorne ...

Gut 162000 Menschen leben 1853 in der Hansestadt. Da ist die Versorgung mit Wasser – und natürlich auch das Beseitigen des Abwassers über ein elf Kilometer langes Rohrsystem – ein großes Thema. Der berühmte Baumeister und Ingenieur William Lindley (1808-1900) hat für Hamburg etwas damals in Europa Einmaliges geschaffen: eine zentrale Wasservers­orgung! Schon 1848 wird Frischwass­er aus der Elbe entnommen und in Bassins gepumpt. Dort lagern sich Schwebstof­fe und Schmutz ab. Über den Wasserturm Rothenburg­sort wird das Nass dann über Leitungen in die Stadt geleitet.

Lindley wird europaweit für seine Leistungen bewundert. Doch 1860 verlässt er die Stadt. Die Bürgerscha­ft hatte den Senatsvors­chlag abgelehnt, den so verdienten Engländer endlich fest anzustelle­n und zum Oberbaurat zu ernennen. Der Grund: Er war ja „Ausländer“und könne deshalb kein Hamburger Beamter werden! Lindley ist danach weltweit tätig und wird überall gefeiert.

Ein weiteres großes Talent steht 1853 gerade am Beginn seiner Karriere: Der Komponist und Pianist Johannes Brahms. Robert Schumann bezeichnet in seiner „Zeitschrif­t für neue Musik“den erst 20 Jahre alten Hamburger als „junges Blut, an dessen Wiege Grazien und Helden Wache hielten“. Doch wie schon bei Lindley: Genies wurden in Hamburg nicht immer wertgeschä­tzt. 1857 geht Brahms als Chorleiter nach Detmold, kehrt 1859 zurück – aber seine Heimatstad­t verweigert dem Komponiste­n die Stelle als Direktor der Philharmon­ischen Konzerte. 1863 geht er beleidigt nach Wien und feierte große Erfolge.

Die Hamburger meinten damals andere Probleme zu haben – die verhasste Torsperre zum Beispiel. Wer nach 22 Uhr noch in die Stadt wollte, musste zahlen! Und zwar acht Schilling. Ab Mitternach­t waren sogar zwölf Schilling fällig. Das waren mehrere Stundenlöh­ne eines Arbeiters. Im Revolution­sjahr 1848 hatte sich die Wut der Massen auch gegen diese Gebühr der alten Ordnung gerichtet. Aber erst 1860 bekam Hamburg eine neue Verfassung und die Torsperre fiel! In der Silvestern­acht feierten die Hamburger das mit Feuerwerk und Hurra-Rufen.

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Blick vom Stintfang auf Steinwärde­r – das wurde 1853 noch mit -ä- geschriebe­n. Im Vordergrun­d werden Kühe auf einen Raddampfer getrieben, der zusätzlich noch über Segel verfügt.
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