Wie hartherzig ist Eppendorf?
Was Anwohner dazu sagen:
Von RENATE PINZKE und MAX WEINHOLD
Gerade einmal 104 Flüchtlinge sollen in Eppendorf untergebracht werden – doch der Kampf um das geplante Heim an der Loogestraße wird immer schärfer. Nach der „Sarg-Aktion“schimpfen Politiker über „unsolidarisches Verhalten“und „geschmacklose Aktionen“. Doch wie flüchtlingsfeindlich ist Eppendorf wirklich? Die MOPO fragte Anwohner vor Ort. Die Modulbauten auf dem schmalen Grünstreifen neben dem U-Bahnhof Kellinghusenstraße wären das erste Flüchtlingsheim in Eppendorf überhaupt – und das, obwohl eine gerechte Verteilung von Asylberechtigten über die gesamte Stadt politisch wie Gesellschaft gewollt ist. Doch in Eppendorf ticken die Uhren offenbar anders. Zwei geplante Standorte wurden in den vergangenen Monaten bereits aufgrund von Protesten verworfen.
Und auch an der Loogestraße will man offenbar keine Flüchtlinge. Zuletzt sorgte eine „Sarg-Installation“auf der Grünfläche für Aufregung – mit der deutlich gemacht werden sollte, dass Flüchtlinge hier unerwünscht sind.
Für viele Politiker ist das Maß nun voll. „Ich finde die Proteste in Eppendorf sehr unsolidarisch“, so der grüne Fraktionschef Anjes Tjarks. Er wirft vor allem der CDU vor Ort vor, „sich an die Spitze der Protestbewegung gegen die Unterkunft zu stellen“. Obwohl sie sich landes- weit für eine gerechte Verteilung starkmache.
Die CDU Nord kontert: „Ein Problem in Eppendorf ist die fehlende Bürgerbeteiligung. Ein anderes die mangelnden Flächen“, so der CDU-Wahlkreisabgeordnete Stefan Bohlen. Für ihn ist klar: „Der Loogeplatz wird kommen. Das ist Beschlusslage. Aber es muss deutlich werden, welche Begleitmaßnahmen es zur Integration gibt“, so Bohlen.
Die Grünen kontern, dass bei einer „kleinen Unterkunft mit rund hundert Bewohnern in einem Stadtteil wie Eppendorf“die Chancen für eine erfolgreiche Integration sehr gut sind. Andere Stadtteile mit sehr viel mehr bestehenden Problemen müssen immerhin weit mehr Flüchtlinge integrieren.
Auch die FDP verweist
mit Blick auf Eppendorf darauf, dass jeder Stadtteil in der Pflicht sei, „seinen Beitrag zur Flüchtlingsunterbringung zu leisten“.
Die Linke wirft den Eppendorfern gar vor, sich „nicht integrieren zu wollen“: „Eppendorf ist ein Hort des Wohlstands, dass hier Vorurteile und Abwehr gegenüber Flüchtlingen besonders stark sind, kommt einer Weigerung zur Teilhabe an unserer Gesellschaft gleich“, so die Abgeordnete Christiane Schneider.
Für SPD-Fraktionschef Andreas Dressel ist die „Sarg-Aktion“auf dem Gelände an „Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten. Viele der Flüchtlinge sind unter Lebensgefahr zu uns gekommen. Wenn jemand glaubt, mit solchen Aktionen die Stadt davon abzubringen, diese Unterkunft einzurichten, dann liegt er falsch.“
Klare Worte aus der Politik. Doch was sagen die Eppendorfer? Auch hier ist der
„Die Sarg-Aktion ist an Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten.“Andreas Dressel (SPD)
Unmut über die „Sargaktion“deutlich zu spüren – zumindest bei den wenigen Eppendorfern, die sich gestern gegenüber der MOPO äußern wollten. „Das ist ein Unding, unmöglich“, ärgerte sich Franziska AlbérnSchümmer (40). „Eppendorf muss sich wie jeder andere Stadtteil an der Integration der Flüchtlinge beteiligen“, befand auch Karen Brandt (53).
„Vermutlich würde die Integration hier leider schwerfallen“, so die Eppendorferin Gracia Rudomino (43). „Es gibt nur wenig Toleranz, wir sind weit weg von einer Willkommenskultur.“Viele Eppendorfer wollen sich zu dem Thema nicht äußern, ignorieren die Fragen zu Flüchtlingen und der SargAktion.
Amra Burkes (40), selbst vor dem Bosnienkrieg geflohen: „Die Eppendorfer haben einfach Angst. Aber als Flüchtling fühlt man sich durch so eine Aktion mit dem Sarg wie Dreck.“