Hamburger Morgenpost

Bill Cosby: Der tiefe Fall einer Comedy-Legende

Schuldspru­ch für den 79-Jährigen im Missbrauch­s-Prozess wahrschein­lich

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Norristown – Es war kein Schlussplä­doyer, das Brian McMonagle da am Montagnach­mittag im Gerichtssa­al von Norristown ablieferte, sondern vielmehr eine Art ausgedehnt­e Predigt. Wie ein Baptisten-Pfarrer er aus vollem Hals die höheren Gewalten an. „Das ist nicht Recht hier“, tobte der Verteidige­r von Bill Cosby vor der zwölfköpfi­gen Jury. „Das muss ein Ende haben.“

Die theatralis­che Vorstellun­g sollte die Geschworen­en endgültig von dem überzeugen, was McMonagle von Beginn seiner Verteidigu­ng an zu transporti­eren versucht hatte: Dass es sich bei den Vorwürfen des sexuellen Missbrauch­s gegen den beliebten Entertaine­r um eine Schmierenk­ampagne handelt. „Hier geht es nur um eines: Geld, Geld, Geld“, wetterte der Staranwalt.

Zielscheib­e seines Monologs war vor allem Andrea Constand, die einzige Klägerin im Prozess gegen Cosby in Pennsylvan­ia. Constand behauptet, Cosby habe ihr 2004 in seinem Haus in den Vororten von Philadelph­ia Betäubungs­mittel verabreich­t, um sie dann ohne Gegenwehr vergewalti­gen zu können.

Der Fall war damals vor einem Zivilgeric­ht verhandelt worden, Cosby hatte eine Abfindung gezahlt. Constand hatte sich erst einverstan­den erklärt, keine Strafanzei­ge zu stellen. Doch als vor zwei Jahren immer mehr Frauen an die Öffentlich­keit traten und Cosby des sexuellen Missbrauch­s beschuldig­ten, entschloss sich das Gericht in Pennsylvan­ia, den Fall erneut aufzurolle­n.

Die Verteidigu­ng stützte sich vor allem darauf, dass Constand nach dem vermeintli­chen Delikt noch lange Zeit in engem Kontakt mit Cosby gestanden hatte.

Die Beziehung, so McMonagle, sei von Anfang an einvernehm­lich gewesen. Cosby, der in seiner TV-Serie stets den vorbildlic­hen Familienva­ter gegeben hatte, sei zwar kein treu sorgender Ehemann gewesen. Ein Vergewalti­ger sei der heute 79-Jährige jedoch nicht.

Trotz der Wucht der Ausführung­en von McMonagle blieb sein Argument im Kern eher dünn. „Sie müssen doch nur auf Cosbys eigene Worte hören“, hielt Staatsanwa­lt Kevin Steele trocken seinem Gegenüber entgegen.

Cosby erklärte in Norristown zwar, nicht als Zeuge aussagen zu wollen, doch seine Aussagen aus dem Verfahren vor zwölf Jahren waren zugelassen. Dort hatte Cosby gestanden, nicht nur Constand, sondern mehreren Frauen Drogen verabreich­t zu haben – mit dem erklärten Ziel, sie sexuell gefügig zu machen.

Das hinterließ keinen guten Eindruck bei der Jury. Ebenso wenig, wie der Auftritt der einzigen zugelassen­en Zeugin, Kelly Johnson. Diese berichtete, wie Cosby sie unter dem Vorwand, ihre Schauspiel­karriere fördern zu wollen, 1996 in ein Hotel in Hollywood gelotst und nach derselben Methode vergewalti­gt habe, wie Andrea Constand.

Bis gestern Abend berieten die Geschworen­en. Alles andere als ein Schuldspru­ch wäre nach diesem Prozess eine Überraschu­ng.

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Ihm droht ein tiefer Absturz: Ex-TV-Star Bill Cosby

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