Schulz bläst zur Attacke
... so recht wollen die Wähler aber nicht folgen. SPD beschließt Programm. Schröder macht den Genossen Mut
Reicht das für eine Trendwende? Kanzlerkandidat Martin Schulz hat auf dem SPD-Programmparteitag eine durchaus flammende Rede gehalten und vor allem die Union und Angela Merkel frontal angegriffen. Bei den Wählern scheint das positive Echo auf seine Wahlkampf-Anstrengungen aber auszubleiben.
Seine Hauptgegner hatte Schulz von Beginn an im Visier: CDU und CSU drückten sich um Inhalte, rief er vom Rednerpult der Westfalenhalle in Dortmund. Damit nehme die Union bewusst in Kauf, dass weniger Bürger zur Wahl gingen. „Ich nenne das einen Anschlag auf die Demokratie“, empörte sich der SPD-Politiker. Schon zuvor hatte Schulz Merkel die „Arroganz der Macht“vorgeworfen.
Die Genossen machten in Dortmund klar, was sie (unter anderem) wollen: eine Entlastung der unteren und mittleren Einkommen. Eine höhere Steuer auf große Erbschaften. Ein Einwanderungsgesetz, das den Zuzug von Fachkräften regeln soll. Die Lohngleichheit zwischen Mann und Frau. Die Förderung von Familien, unabhängig davon, ob die Eltern verheiratet sind. Die „Ehe für alle“. Gebührenfreie Kitas. Die Anhebung der Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung – wie von Trump gefordert – lehnt die Partei ab. Nur bei der Wiedereinführung einer Vermögenssteuer sind die Genossen uneinig. Diese Frage haben sie in eine Kommission verwiesen.
Den meisten Programmpunkten würde eine Mehrheit der Bundesbürger wohl zustimmen. In den Umfragen schlägt sich das aber bisher nicht nieder. In der jüngsten Emnid-Umfrage (vor dem Parteitag) liegt die Schulz-SPD 15 Prozentpunkte hinter der Union (39 zu 24 Prozent).
Woran liegt das? Ein grober Schnitzer von Schulz im Wahlkampf ist nicht auszumachen. Selbst den anfänglichen Vorwurf, er sei zu unkonkret, hat der Kanzlerkandidat inzwischen ausgeräumt: Die SPD hat wesentlich detaillierter als CDU/CSU klargemacht, wie sie das Renten- und Steuersystem umbauen will. Genützt hat es in den Umfragen nichts. Eher im Gegenteil. „Wahlprogramme sind für Feinschmecker“, erklärte Hamburgs ehemaliger Erster Bürgermeister Ole von Beust (CDU) dieses Phänomen kürzlich in der „Zeit“. Vielmehr sei es wichtig, im Wahlkampf „vier, fünf Kernbotschaften in den Wahlkampf einzuhämmern“, erklärt der Politikwissenschaftler Wolfgang Merkel.
Eine zentrale Botschaft hat die SPD den Wählern auf dem Parteitag „eingehämmert“: Zeit für mehr soziale Gerechtigkeit! Tatsächlich billigen die Bundesbürger der SPD beim Thema Gerechtigkeit die höchste Kompetenz zu. Bei zwei nicht unerheblichen Wahlkampfthemen haben aber CDU/CSU die Nase vorn: beim Thema Steuern und bei der Inneren Sicherheit.
Aufgeben will die SPD deshalb aber natürlich nicht: „Nichts ist entschieden“, machte SPD-Altkanzler Gerhard Schröder klar. „Es ist noch viel Zeit, um die Stimmung zu drehen“, sagt er auch mit Blick auf den Achtungserfolg des britischen Labour-Chefs Jeremy Corbyn bei der jüngsten Wahl. Nötig seien Disziplin, Geschlossenheit und Selbstbewusstsein.