Populismus Wie gefährlich ist das für uns?
Studie zeigt: Fast jeder Dritte stimmt populistischen Aussagen zu Was die Unterschiede zu Entwicklungen wie in den USA oder Polen sind Politikwissenschaftler warnt vor einer Gefährdung der Demokratie
Gütersloh – Wie populistisch sind die Deutschen? Um das herauszufinden, hat die Bertelsmann-Stiftung eine Studie erstellt. Dazu wurden zwischen Juli 2015 und März 2017 drei Mal jeweils mehr als 1600 Wahlberechtigte zu ihren politischen Einstellungen befragt. Die MOPO beantwortet wichtige Fragen.
Was ist überhaupt Populismus? Wählern wurden acht Aussagen vorgelegt. Zum Beispiel: „Die Parteien wollen nur die Stimmen der Wähler, ihre Ansichten interessieren sie nicht.“Oder: „Was man in der Politik ,Kompromiss‘ nennt, ist in Wirklichkeit nichts anderes als ein Verrat der eigenen Prinzipien.“Oder: „Wichtige Fragen sollten nicht von Parlamenten, sondern in Volksabstimmungen entschieden werden.“Nur wer allen acht Aussagen zustimmte, wurde von den Forschern als populistisch eingestuft. Wie viele Menschen gehören zu den Populisten? Knapp ein Drittel (29,2 Prozent) der Wahlberechtigten.
Wer neigt zum Populismus? Meist Menschen mit wenig Einkommen und geringer Bildung. Bei Leuten, die maximal einen Hauptschulabschluss haben oder weniger als 1500 Euro verdienen, teilen 38 Prozent beziehungsweise 42 Prozent populistische Einstellungen.
Bei Menschen mit Abitur oder Fachhochschulreife nur 14 Prozent. Alter und Geschlecht spielen kaum eine Rolle. Wie stehen wir im internationalen Vergleich da? Von einem Populismus, wie er in den USA zur Wahl von Donald Trump, in Großbritannien zum Brexit und in Polen und Ungarn zur Gefährdung der Demokratie führte, ist Deutschland „meilenweit entfernt“, sagt Demokratieexperte Robert Vehrkamp von der Bertelsmann-Stiftung. So befürworten mehr als zwei Drittel (69 Prozent) der populistisch eingestellten Wähler in Deutschland die Mitgliedschaft in der EU, 85 Prozent die Demokratie als politisches System.
Wie gefährlich ist Populismus?
„Populisten in Deutschland sind häufig enttäuschte Demokraten, aber keine radikalen Feinde der Demokratie“, so Vehrkamp. Hinzu kommt: Viele Menschen äußerten sich in Umfragen populistischer, als es ihren wahren Einstellungen entspricht. Der Politikwissenschaftler Wolfgang Schroeder von der Uni Kassel warnt jedoch: Im rechten Spektrum sieht er eine mögliche „Gefährdung für die Anerkennung von Demokratie“.
Wen wählen Populisten?
Mit weniger als 20 Prozent sind unter den Grünen- und CDU-Anhängern die wenigsten Populisten. Die Wählerschaft der AfD dagegen ist mit 60 Prozent klar rechtspopulistisch, bei SPD und Linken halten sich beide Lager die Waage.
Hat der Hang zum Populismus zugenommen? Populismus wurde erst durch die Flüchtlingskrise zum großen Thema. Vehrkamp: „Ohne die Flüchtlingsproblematik würden wir über die AfD und Populismus in Deutschland überhaupt nicht diskutieren.“