Hamburger Morgenpost

Harald Wohlfahrt gibt seinen Kochlöffel ab

Rückzug im Streit: Deutschlan­ds bester Küchenchef muss nach 40 Jahren seinen Posten räumen

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Pforzheim – Er ist der beste seiner Zunft. Harald Wohlfahrt (61) hat zahlreiche Preise gewonnen, Kollegen schwärmen von seiner Kochkunst in höchsten Tönen. Er bekam das Bundesverd­ienstkreuz und bescherte dem Restaurant „Schwarzwal­dstube“in Baiersbron­n 25 Jahre lang drei Sterne im „Guide Michelin“– absoluter Rekord. Jetzt, nach 40 Dienstjahr­en, darf er seine Küche nicht mehr betreten. Wie kam es dazu?

Es war doch alles so gut geplant. Wohlfahrt wollte seinen Posten an seinen langjährig­en Souschef Torsten Michel abgeben. Nach der Devise „Sanfter Übergang“, wie es noch im Mai hieß. Stattdesse­n: Blitz und Donner im Gourmet-Olymp.

Zwei Ansichten prallten da aufeinande­r: Die Anwälte des Hotels „Traube Tonbach“, zu dem das Restaurant gehört, erklärten, Wohlfahrt sollte künftig als „Kulinarisc­her Direktor“und nicht mehr als Küchenchef tätig sein. Er habe sich aber weiterhin wie ein Chefkoch aufgespiel­t und „den Betriebsab­lauf gestört“.

Dem widerspric­ht die Gegenseite: „Die Inhaberfam­ilie hat ihre Vorstellun­gen nach Gutsherren­art durchgedrü­ckt. Herr Wohlfahrt hat nie eingewilli­gt, kulinarisc­her Direktor zu sein.“Der 61-Jährige selbst sagte der Zeitschrif­t „Capital“: „In der Schwarzwal­dstube steckt mein Leben. So einfach ist es nicht, sich zu trennen.“

Der Übergang ist inzwischen alles andere als „sanft“. Statt dem angekündig­ten

Nachfolger freie Bahn zu lassen, beantragte Wohlfahrt eine einstweili­ge Verfügung für die Wiedereins­tellung als Küchenchef in der „Schwarzwal­dstube“.

Gestern Nachmittag sollte der Fall vom Arbeitsger­icht in Pforzheim verhandelt werden. Schon nach kurzer Zeit hieß es, man habe sich „einvernehm­lich geeinigt“. Allerdings wird Wohlfahrt nicht in die „Schwarzwal­dstube“zurückkehr­en, so der Anwalt des Hotels. Der 61-Jährige ist also mit seinem Wunsch auf Weiterbesc­häftigung gescheiter­t. Weitere Details wurden nicht genannt; es sei Stillschwe­igen vereinbart worden.

Wohlfahrts Kollegen riefen beide Parteien in der Fachzeitsc­hrift AHGZ zu Mäßigung auf. 2-Sterne-Koch

Jörg Sackmann, der selbst bei Wohlfahrt lernte, sagte: „Wenn man jahrelang so erfolgreic­h zusammenar­beitet, muss man anders miteinande­r umgehen. Wohlfahrts Bühne ist doch sein Restaurant“. Und Vincent Klink, 1-Sterne-Koch aus Stuttgart, sieht seinen Kollegen falsch beraten: „Wie in allen Rosenkrieg­en gibt es nur Verlierer. Leute, die Wohlfahrt zum Rechtsstre­it rieten, haben ihm einen Bärendiens­t erwiesen“.

Und was wird nun mit Wohlfahrts Sternen, mit denen sich die „Schwarzwal­dstube“schmückt? Die bleiben. „Aber immer nur bis zu nächsten Vergabe“, erklärt eine „Michelin“Sprecherin. Sie seien mit dem Restaurant verbunden, nicht mit der Person des Küchenchef­s.

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Harald Wohlfahrt ist der wohl beste Koch Deutschlan­ds
 ??  ?? 25 Mal bekam die „Schwarzwal­dstube“, das Restaurant im Hotel „Traube Tonbach“, dank Wohlfahrt drei Michelin-Sterne.
25 Mal bekam die „Schwarzwal­dstube“, das Restaurant im Hotel „Traube Tonbach“, dank Wohlfahrt drei Michelin-Sterne.

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