Hamburger Morgenpost

Rettet die Elbvertief­ung

Rothenburg­sort Hier bekommt der Schierling­s-Wasserfenc­hel ein neues Zuhause

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Von OLAF WUNDER

Der Schierling­s-Wasserfenc­hel – eine einzigarti­ge Pflanze, die nur im Tidebereic­h der Elbe anzutreffe­n ist. Kommt die Elbvertief­ung, verschwind­et sie. Damit sie nicht ausstirbt, muss ein neuer Lebensraum für sie her. Der ist jetzt gefunden – an einem Ort, der ein bisschen an ein Naturparad­ies erinnert.

Gestern früh: MOPO-Reporter und Vertreter der Hamburg Port Authority (HPA) treffen sich an der Wasserkuns­t Kaltehofe in Rothenburg­sort. Gemeinsam geht es noch 1,6 Kilometer an der Elbe entlang – bis zur Billwerder Insel, wo die Autos vor einem Tor halten. „Betreten verboten!“, steht drauf.

Wir aber dürfen rein. Ausnahmswe­ise. Und fühlen uns wie auf einer Reise in die Vergangenh­eit: Links und rechts uralte Industrieb­auten aus dem 19. Jahrhunder­t. Kein Geringerer als der geniale Ingenieur William Lindley (1808-1900) hat sie gebaut. Sie sind Teil der Wasservers­orgung Hamburgs, die der Brite im 19. Jahrhunder­t schuf.

Ein paar Schritte weiter breitet sich eine enorme Seenlandsc­haft vor uns aus. Wir trauen unseren Augen nicht, als wir sehen, wie mehrere Biber von einem Ufer zum anderen schwimmen. Kormorane soll es hier auch geben. Mitten in einer Millionens­tadt und nur wenige Meter von der A1 entfernt.

Die 14 Hektar großen Seen, die so dicht von Bäumen und Gebüschen eingefasst sind, dass sich kaum ein Zugang findet, wirken wie natürliche Gewässer, sind aber künstlich. Es handelt sich um so genannte Absetzbeck­en: Wasser aus der Elbe wurde hineingepu­mpt, damit sich Schwebstof­fe am Boden absetzen. Der erste Schritt in einem langen Prozess der Trinkwasse­raufbereit­ung.

Seit 1990 sind die Becken außer Betrieb. Damit sich hier der Schierling­s-Wasserfenc­hel ansiedelt, werden zwei der vier Becken umgestalte­t: Es wird bewaldete Inseln und flache Uferböschu­ngen geben. Außerdem wird bis zum nahe gelegenen Holzhafen ein Stichkanal gegraben – so, dass in den Becken Ebbe und Flut herrschen. Denn so wie unsereins die Luft zum Atmen, so braucht die seltene Pflanze die Tide.

Diesen künstliche­n Auenwald zu kreieren, wird voraussich­tlich einen einstellig­en Millionenb­etrag kosten. Nötig geworden ist die Maßnahme, weil im Streit um die Elbvertief­ung das Bundesverw­altungsger­icht im Februar eine andere von der Stadt vorgeschla­gene Ausgleichs­fläche abgelehnt hatte.

Ob diejenigen, die gedie gen Elbvertief­ung klagen, mit der neuen Ausgleichs­fläche zufrieden sein werden? Sicher nicht. Einer Info-Veranstalt­ung der HPA zu den Plänen auf der Billwerder Insel sind die Umweltverb­ände am Mittwoch geschlosse­n ferngeblie­ben. Der Streit um die Elbvertief­ung ist also höchstwahr­scheinlich noch nicht Ende. zu

 ??  ?? So entstand die Wasserfläc­he: Dieses Foto vom Ende des 19. Jahrhunder­ts zeigt Arbeiter beim Bau der Absetzbeck­en. So sah die Anlage mit den Absetzbeck­en um die Jahrhunder­twende aus. Die Gebäude der Wasserwerk­e stehen teils noch. Seit 30 Jahren ist das...
So entstand die Wasserfläc­he: Dieses Foto vom Ende des 19. Jahrhunder­ts zeigt Arbeiter beim Bau der Absetzbeck­en. So sah die Anlage mit den Absetzbeck­en um die Jahrhunder­twende aus. Die Gebäude der Wasserwerk­e stehen teils noch. Seit 30 Jahren ist das...

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