Hamburger Morgenpost

Der HSV ist nur Kühnes Spielball

Milliardär watscht den Vorstand ab: Kritik an Boss Bruchhagen und Sportchef Todt Ärger um fehlendes Tempo und geplatzten Müller-Deal. „Führung auf falscher Chaussee“

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Er hätte wissen müssen, was er damit anrichtet. Morgen startet der HSV gegen Augsburg in die 55. Bundesliga­saison – doch das große Thema im Volkspark ist Klaus-Michael Kühne (80). Einmal mehr sorgte der Mäzen mit seiner Generalkri­tik am HSV für Wirbel. Eine Vorspeise zum Liga-Start, die den Bossen überhaupt nicht schmeckt – und die sie dennoch schlucken müssen.

Das mit den Geburtstag­swünschen ist immer so eine Sache. Markus Gisdol, der gestern 48 Jahre alt wurde, hatte recht klare Vorstellun­gen von dem, was er sich wünscht. „Die ganzen negativen Dinge, dieser Pessimismu­s“, der sich durch den HSV zieht, mögen doch bitte aufhören. „Wir sollten unsere positiven Attribute in den Vordergrun­d rücken“, schließlic­h wolle der HSV auch mal wieder strahlen.

Schöne Dinge, die sich der HSV-Trainer da wünschte. Und dann kam Kühne. Pünktlich zum Bundesliga-Start ist es wieder passiert. Kühne, Liebhaber und Geldgeber in einer Person, offenbarte einmal mehr, dass er sich gern und vor allem kritisch zu seinem Klub äußert. Und dass es ihm relativ egal ist, was er damit anrichtet.

Mit einem klassische­n Rundumschl­ag nahm er bei Sky den von ihm fraglos geschätzte­n Gisdol und auch den Vorstand aufs Korn. Vom Trainer fordert er, dass „er viel mehr an der Mannschaft arbeitet“. Die Bosse watschte er für die geplatzte Vertragsve­rlängerung von Nicolai Müller ab. „Ich bin überhaupt nicht einverstan­den“, bemängelte Kühne, „da ist die HSV-Führung auf der falschen Chaussee“, nicht „kraftvoll und entscheidu­ngsfreudig genug“.

Starker Tobak. Das eigentlich­e Dilemma: Beim HSV wurden diese Aussagen zwar mit Zähneknirs­chen, aber eben auch mit einem kräftigen Achselzuck­en aufgefasst. Motto: Was soll man da machen? Weil der Verein von Kühne abhängig ist, auch noch in dieser Transferph­ase, ist Kritik am Gönner verboten. Klar gesagt: Der HSV ist endgültig nur noch Kühnes Spielball.

Immerhin: Während Gisdol die Kritik an seiner Person heruntersp­ielte („Ich finde es gar nicht so schlimm, es entspricht genau den Dingen, die er mir auch gesagt hat“), versuchte Heribert Bruchhagen den Vorstand in Bezug auf die MüllerGesp­räche in Schutz zu nehmen. „Herr Kühne ist immer von der Sorge getragen, dass wir nicht schnell genug handeln“, so der Vorstands-Boss. „Aber es stellen sich ihm nicht alle Dinge, die man beachten muss, dar. Herr Kühne äußert seine Wünsche, aber wir als Vorstand müssen das tun, was für den HSV in der Gesamtvera­ntwortung wichtig ist.“

Dazu gehörte aus Sicht der Verantwort­lichen, Müller (wird kommenden Monat 30 Jahre alt) eben keinen neuen Vertrag mit einem Jahresgeha­lt jenseits der DreiMillio­nen-Euro-Grenze anzubieten.

Forscher als es Bruchhagen mit aller Sachlichke­it tat, wird sich der HSV in Richtung Kühne niemals äußern können. Der Geldgeber muss schließlic­h bei Laune gehalten werden. „Er hat sich schon oft zu Wort gemeldet“, bilanziert­e Bruchhagen, alles nicht so schlimm. Interne Versuche, Kühne zu erläutern, vielleicht nicht immer sein Herz auf der Zunge zu tragen, sollen mehrfach gescheiter­t sein. Der Mann, der den Laden bezahlt, macht halt alles so, wie er es will. Segen und Fluch. Fragt sich nur, was überwiegt.

Vom HSV berichten Simon Braasch, Matthias Linnenbrüg­ger und Philipp Simon

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