„Über uns tobt ein Monster!“
Stärker als jeder Sturm zuvor: Verheerender Hurrikan „Irma“zieht über die Karibik. Haiti, Kuba und Florida sind in Angst
Miami – Dieser Sturm kommt aus der Hölle. Der Texas-Verwüster „Harvey“? Der ist nur ein Waisenknabe gegen die brutale Gewalt von „Irma“. Gestern erreichte der Horror-Hurrikan Land, brach über die Insel-Paradiese Saint-Martin und St. Barth herein. Die Einwohner hatten Zuflucht in Kellern und Schutzräumen gesucht. Und berichten von dort Erschütterndes: „Sogar die Wände wackeln.“
„Ich bin schockiert von dem Monster, das da über uns ist. Die Insel ist verwüstet, es ist apokalpytisch“, so schrieb Michel Magras, als Senator eine Art Regierungschef auf St. Barths – die Insel der Kleinen Antillen hatte die höchst fragwürdige Ehre, zum Einfallstor für „Irma“zu werden. Majestätisch wälzt sich der Supersturm– stärker als jeder zuvor vermessene Hurrikan – durch die Karibik: Heute die Dominikanische Republik und Haiti, morgen Kuba, am Wochenende dürfte es Florida treffen: Key West und Key Largo – alles leichte Beute für „Irma“, der Meteorologen sogar zutrauen, die Metropole Miami zu verwüsten.
Längst rüsten die Menschen im Sunshine State sich für die Mega-Katatastrophe, horden Lebensmittel, suchen verzweifelt die letzten Tankstellen, die noch Sprit haben. Touristen müssen das Urlaubsparadies verlassen, Massenevakuierungen stehen an, für die letzten verfügbaren Flugtickets werden Mondpreise aufgerufen. Denn eins steht fest: Erreicht „Irma“tatsächlich Florida, dann übertrifft er alles an Stürmen, was der US-Bundesstaat je erlebt hat.
Ob Kleine Antillen oder Puerto Rico: „Irmas“erste Opfer wurden schwer getroffen. Viele der Häuser sind aus Holz gebaut und leichte Beute für einen Sturm der übelsten Kategorie 5. Bei Windgeschwindigkeiten von 300 Kilometern pro Stunde fielen selbst massive Betongebäude in sich zusammen, die Wellen im Gefolge von „Irma“sind bis zu sieben Meter hoch.
„Die Menschen haben furchtbare Angst“, so Carmen Yulín Cruz, Bürgermeisterin von San Juan, der Hauptstadt von Puero Rico: „Wir wissen gar nicht, was ein Hurrikan der Kategorie 5 bedeutet. Wir hatten so etwas hier noch nie.“
Über Opferzahlen war bei Redaktionsschluss noch nichts bekannt. Leichte Entwarnung meldete nur Antigua: Premierminister Gaston Browne berichtete: „Wir sind vom Schlimmsten verschont geblieben.“
Auch die Bahamas ordneten Evakuierungen an. Doch während sie ebenso wie Kuba gut gegen Mega-Stürme gerüstet sind, gilt die größte Sorge Haiti: Sollte „Irma“dem Armenhaus der Karibik tatsächlich nahe kommen, könnten wieder Hunderte Menschen sterben wie im vergangenen Jahr beim weit schwächeren Hurrikan „Matthew“.
Ursache für die dramatische Hurrikan-Saison ist das außergewöhnlich warme Wasser über der Karibik. Hier gewinnen die Stürme ihre tödliche Kraft, hier saugen sie sich mit Wassermassen voll – und finden in diesem Jahr besonders günstige Bedingungen.
Ob das mit dem Klimawandel zu tun hat, ist auch bei Experten ein heißes Eisen. Es könnte nämlich auch einfach ein blöder Zufall sein. Und ein tödlicher. Denn auf dem Atlantik braut sich schon das nächste Unheil für die Karibik zusammen. Es heißt „Jose“und lauert gleich hinter „Irma“.