Hamburger Morgenpost

De Maizière will Asylbewerb­ern an die Geldbörse

... und erhält überrasche­nd Unterstütz­ung von SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz. Grüne: „Vorschlag ist verfassung­swidrig“

-

Berlin – Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) will Asylbewerb­ern in Deutschlan­d ans Geld. Sie sollen künftig weniger staatliche Leistungen erhalten. Unterstütz­ung bekommt er dabei von unerwartet­er Seite: vom SPD-Kanzlerkan­didaten Martin Schulz.

De Maizière will eine Angleichun­g in Europa: Für Flüchtling­e soll es künftig in der gesamten EU einen einheitlic­hen Rechtsschu­tz und gleiche Zuwendunge­n geben, erklärte er der „Rheinische­n Post“. In Deutschlan­d seien die Leistungen für Asylbewerb­er „im Vergleich ziemlich hoch“. „Das ist Teil des Sogeffekts nach Deutschlan­d“, so der Minister. De Maizière räumte ein, dass die Lebenshalt­ungskosten in Deutschlan­d höher seien als in anderen EU-Ländern wie beispielsw­eise Rumänien. Im Rahmen einer europaweit­en Angleichun­g der Leistungen könne es deshalb „entspreche­nde Kaufkraftz­uschläge für einzelne Staaten geben“.

Und eine weitere Sache ist dem CDU-Politiker ein Dorn im Auge: „Bei uns können abgelehnte Asylbewerb­er über diverse rechtliche Klagewege ihre Abschiebun­g hinauszöge­rn, deutlich mehr als anderswo.“Auch in diesem Feld sei eine EUweite Angleichun­g nötig.

Ausgerechn­et Martin Schulz (SPD) unterstütz­te gestern den Vorschlag, die Asylverfah­ren in Europa anzugleich­en: „Ich war seit jeher dafür“, sagte er auf einer Wahlkampfv­eranstaltu­ng in Wiesbaden. „Wenn Herr de Maizière jetzt mit einer

Schrecksek­unde von vier Jahren aufgewacht ist, dann ist das besser, als weiter vor sich her zu pennen“, sagte Schulz. Allerdings habe die Forderung des Bundesinne­nministers nur einen Hintergrun­d: Panik vor rechten Parteien. „Der Glaube, man könne mit dem Nachplappe­rn von deren Parolen diese Leute in Schach halten, ist ein Irrtum, man macht sie nur stark.“

Richtig abgewatsch­t wurde de Maizière für seinen Vorstoß von den Grünen: Die FraktionsC­hefin im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, wies die Forderung als verfassung­swidrig zurück: „Die Leistungen für Flüchtling­e müssen laut Verfassung­sgericht den unterschie­dlichen Lebenshalt­ungskosten in Europa entspreche­n und können nicht unter das Existenzmi­nimum gedrückt werden“, sagte sie gestern. Der Grünen-Parteivors­itzende Cem Özdemir warf dem CDU-Minister „populistis­chen Stimmenfan­g“vor. Seine Forderung werde „keinen Bestand haben“.

 ??  ?? Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU)
Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU)

Newspapers in German

Newspapers from Germany