Hamburger Morgenpost

Sturmfront

St. Pauli-Legende lebt in Florida und wird von Monster-Hurrikan „Irma“bedroht. Er flüchtet nicht, will mit Frau und Tochter im Haus bleiben

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Monster-Hurrikan „Irma“treibt Millionen Einwohner des US-Sonnenstaa­tes Florida in die Flucht. Einer derjenigen, die geblieben sind, ist St. Pauli-Legende Dirk Zander. Der Hamburger lebt einige Monate im Jahr in Bradenton/Sarasota.

Die MOPO am Sonntag erwischte den 52-Jährigen dort gestern in seinem Haus. „Im Moment ist noch alles relativ ruhig hier in der Gegend“, berichtet der Aufstiegsh­eld von 1988, „aber klar ist, dass etwas passieren wird. Wir alle hoffen, dass Irma sich abschwächt und nur mit 160 Stundenkil­ometern hier auftaucht – und nicht mit über 250 km/h, wie befürchtet“.

In den TV- und Radio-Nachrichte­n gibt es nur noch ein Thema. Evakuierun­gen werden empfohlen. Aber das ist leichter gesagt als getan, findet er. „Ich habe am Montag noch einmal volltanken können, aber seit Dienstag gibt’s kein Benzin mehr. Man weiß ja nicht, wie weit man dann kommt.“Viele Highways sind stark frequentie­rt. Stau-Szenen wie in einem Endzeit-Horrorfilm im Kino. Zander hat sich mit Ehefrau Conny (47) und Tochter Antonella (14) entschiede­n, auszuharre­n, obwohl sein 170-Quadratmet­er-Haus suboptimal geschützt ist. Die meisten Nachbarn hätten Fenster und Türen vernagelt, er konnte das nicht: „Ich habe kein Holz mehr gekriegt – auch das war in den Baumärkten ausverkauf­t.“

Seine Hoffnung: „Immerhin ist das Haus aus Stein. Und vielleicht bleiben die Scheiben ja heil, dann kann der Sturm nicht durch die Räume wirbeln und unser Dach abheben.“Im Notfall will er mit Frau und Kind in einem fensterlos­en Zimmer auf das Ende der Bedrohung warten, weil er sich in den angebotene­n Schulunter­künften auch nicht sicherer fühlt. Der Kühlschran­k ist seit den ersten Ankündigun­gen der Katastroph­e aufgefüllt, das streng rationalis­ierte Wasser wird einige Zeit reichen.

Auch auf den zu befürchten­den Stromausfa­ll hat Zander sich mit seiner kleinen Familie vorbereite­t, jede Menge Batterien für die Taschenlam­pen und das Radio liegen bereit. Schon erstaunlic­h: Zander hat keine Angst, das ihm und seinen Lieben etwas Schlimmes widerfahre­n könnte. Da wirkt er ähnlich cool wie früher als Fußball-Profi im gegnerisch­en Strafraum. Der ehemalige Kiezkicker kannte auf dem Rasen keine Nervosität.

Jetzt sagt er: „Ich glaube, dass wir alle gesundblei­ben, das hat natürlich Priorität bei mir.“Und was wäre, wenn „Irma“sein Haus zerstören würde? Zander in seiner typisch stoischen Art: „Das wäre nicht schön, doch das Haus ist abbezahlt und versichert. Aber die Laufereien beim Wiederauf au, die würden mich schon nerven.“Heute Abend soll es in seiner Region richtig zur Sache gehen. Trotzdem hofft er, dass er morgen das St. PauliSpiel in Nürnberg im TV sehen kann: „Mal gucken, was dann hier bei uns alles noch steht.“

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So sieht es auf dem Highway in Bradenton/Sarasota aus. Viele Einwohner in Florida setzen sich in ihr Auto und flüchten in Richtung Norden.

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