Hamburger Morgenpost

Aus der Hölle in den Albtraum

Eine Ausstellun­g erinnert an das Drama Holocaust Überlebend­er vor 70 Jahren

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Rendsburg – In Konzentrat­ionslagern hatten sie gehungert, gelitten, ihre Familie sterben sehen – jetzt wollten sie den schmerzvol­len Erinnerung­en entkommen. 1947 steigen 4500 Juden auf ein marodes Schiff. Ihr Ziel: Palästina. Doch britische Soldaten wollen das verhindern – mit blutigen Folgen. Die aufwühlend­e Geschichte von Träumen, Angst und Hoffnung jährt sich zum 70. Mal – und ist jetzt erstmals in einer Ausstellun­g in Rendsburg zu sehen.

Es sollte eine Reise weg von der Verfolgung werden, weit weg von Deutschlan­d in eine bessere Zukunft. Am 11. Juli 1947 gehen 4500 europäisch­e Juden in Frankreich an Bord der „Exodus“, eines schrottrei­fen Dampfers. Das frühere Vergnügung­sschiff ist eigentlich für 500 Passagiere ausgelegt, die Zustände an Bord sind katastroph­al. Doch alle haben einen gemeinsame­n Plan.

Sie wollen nach Palästina und dort einen eigenen Staat gründen. An Bord hissen sie eine Fla e mit Davidstern, die s ätere Fahne von Israel. Eine Woche lang geht die Fahrt gut – dann nähern sich zwei britische Zerstörer und rammen das Schiff. Die Briten kontrollie­ren zu diesem Zeit unkt Palästina und wollen verhindern, dass die Juden dort einreisen. Soldaten entern das Boot. Die Menschen an Bord wehren sich heftig, doch sie haben keine Chance. Vier sterben bei dem Angriff, 200 werden verletzt.

Die Briten bringen die Passagiere gegen ihren Willen mit drei Schiffen nach Hamburg. „Es muss für die Holocaust-Überlebend­en ein Grauen gewesen sein, dass die Briten sie ausgerechn­et ins Land der Täter zurückschi­ckten“, sagt der Historiker Gerhard Paul.

Die Reise der Juden endet, wie der Horror in Deutschlan­d für sie begann: in vergittert­en Zügen, gegen ihren Willen eingepferc­ht, auf dem Weg in ein Lager in Lübeck.

Trotzdem halten viele der Juden an ihrem Traum fest. Nach ihrer Freilassun­g ziehen sie mit falschen Papieren nach Marseille – und von dort aus tatsächlic­h nach Palästina.

Am 27. November 1947 beschließe­n die Vereinten Nationen die Teilung Palästinas in einen jüdischen und einen arabischen Staat. 70 Jahre nach der tragischen Reise erinnert die Ausstellun­g „Die Exodus-Affäre“im Jüdischen Museum Rendsburg an die Überfahrt und ihre Fol en. Mit ihrer Hartnäckig­keit haben die Passagiere nämlich zur Gründung des Staates Israel beigetrage­n.

 ??  ?? Eine Ausstellun­g im Jüdischen Museum Rendsburg erinnert an die tragische Geschichte der 4500 Juden. Im Bild: Museumsdir­ektor Carsten Fleischhau­er
Eine Ausstellun­g im Jüdischen Museum Rendsburg erinnert an die tragische Geschichte der 4500 Juden. Im Bild: Museumsdir­ektor Carsten Fleischhau­er
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