Schmutziger Kampf um Air Berlin
Tino Flindt ist einer von Tausenden, deren Flüge gestrichen wurden
Beim Kampf um die PleiteFluggesellschaft Air Berlin wird es schmutzig. Den Konkurrenten wie der Lufthansa geht es vor allem darum, die Flug-Strecken zu übernehmen. Die Beschäftigten, allen voran die Mitarbeiter in der Verwaltung (haben die anderen Fluggesellschaften selber) und die gut bezahlten Piloten (zu teuer), sind eher lästig. Dass den Air-Berlin-Piloten da der Kragen platzt, ist nur allzu verständlich. Allerdings werden die dadurch entstehenden täglichen Millionenverluste den Ausverkauf ihres Arbeitgebers beschleunigen. Bei immer mehr Flugausfällen, Verspätungen und langen Warteschlangen an Flughäfen machen immer mehr Passagiere einen großen Bogen um Air Berlin und steigen auf die Konkurrenz um. Die profitiert davon doppelt: zum einen durch bessere Auslastungen ihrer Flugzeuge, zum anderen, weil die Überreste von Air Berlin umso billiger zu bekommen sind, je schlechter der Laden läuft. So entsteht eine Abwärtsspirale, die unter den Kauf-Interessenten niemand wirklich stoppen will. Keine guten Aussichten für die Air-Berlin-Beschäftigten.
Berlin
– Das Air-Berlinwird Chaos immer schlimKurz mer. vor Ende der Bieterfrist sind der insolFluggesellschaft venten gestern streckenweise die Piloten ausgegangen, 200 von insgesamt 1500 hatten sich plötzlich krankgemelüber det, 110 Flüge wurden gestrichen. Was an den Flughäfen für Tumult und Frust sorgte.
Flughafen BerlinTegel: Tino Flindt (45) kocht vor Wut. Er will mit seiner Frau, die er vor drei Tagen heiratete, und mit Tochter Antonia (4) in die Flitterwochen nach Sardinien fliegen. Doch auf dem Flughafen herrscht Chaos. Flindt gehört zu den Tausenden Passagieren, die dort gestern strandeten. Nach 6 Uhr beginnt im Terminal C das groFlügestreichen ße bei Air Berlin. Erst Düsseldorf und Köln/Bonn, dann Helsinki, Kopenhagen. So geht es immer weiter. 52 gestrichene Flüge sind es um 11 Uhr. Auch der von Flindt nach Sardinien ist dabei.
Verärgert steht er mit der Tochter nun vor den Umbuchungsschaltern in der riesigen Warteschlange, die sich durchs Terminal zieht. „Meine Frau versucht gerade, im Hauptgebäude beim Reiseveranstalter einen anderen Flug zu bekommen, um unsere Hochzeitsreise zu retten“, sagt Flindt. „Keiner weiß, was los ist, es gibt keine Durchsagen. Die Passagiere so im Unklaren zu lassen, ist eine Zumutung!“
Auch in Hamburg sind die Auswirkungen zu spüren. Dort fallen zwölf Ankünfte und elf Abflüge von Air Berlin und Eurowings aus. Auch ein 11-Uhr-Flug von Eurowings nach Barcelona wird gestrichen. Die Lufthansa-Tochter hat bei den Berlinern Flugzeuge inklusive Crews gemietet.
Bundesweit sind 12000 Passagiere betroffen, erklärt Air Berlin.
Die rund 200 der insgesamt 1500 Air-Berlin-Piloten hatten sich kurzfristig krankgemeldet, viele erst unmittelbar vor dem Flug. Das Management sprach von einer existenzbedrohenden Situation für die Airline und kritisierte, ein Teil der Belegschaft spiele mit dem Feuer. Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit trat dem Verdacht entgegen, zu Krankmeldungen aufgerufen zu haben, und ermahnte gesunde Kollegen, zur Arbeit zu gehen. Unklar blieb, ob Air Berlin am Mittwoch wieder wie gewohnt fliegt.
Die erneuten Turbulenzen kommen für Air Berlin reichlich ungelegen, schließlich drängt die Zeit für einen Verkauf. Massenhafte Ausfälle erwecken bei Interessenten nicht gerade Vertrauen. Bleibe es bei diesem Krankenstand, drohe vermutlich eine vollständige Liquidation der Fluggesellschaft, warnte der Generalbevollmächtigte Frank Kebekus im Intranet des Unternehmens.