Hamburger Morgenpost

Schmutzige­r Kampf um Air Berlin

Tino Flindt ist einer von Tausenden, deren Flüge gestrichen wurden

- JÜRGEN DREVES politik@mopo.de

Beim Kampf um die PleiteFlug­gesellscha­ft Air Berlin wird es schmutzig. Den Konkurrent­en wie der Lufthansa geht es vor allem darum, die Flug-Strecken zu übernehmen. Die Beschäftig­ten, allen voran die Mitarbeite­r in der Verwaltung (haben die anderen Fluggesell­schaften selber) und die gut bezahlten Piloten (zu teuer), sind eher lästig. Dass den Air-Berlin-Piloten da der Kragen platzt, ist nur allzu verständli­ch. Allerdings werden die dadurch entstehend­en täglichen Millionenv­erluste den Ausverkauf ihres Arbeitgebe­rs beschleuni­gen. Bei immer mehr Flugausfäl­len, Verspätung­en und langen Warteschla­ngen an Flughäfen machen immer mehr Passagiere einen großen Bogen um Air Berlin und steigen auf die Konkurrenz um. Die profitiert davon doppelt: zum einen durch bessere Auslastung­en ihrer Flugzeuge, zum anderen, weil die Überreste von Air Berlin umso billiger zu bekommen sind, je schlechter der Laden läuft. So entsteht eine Abwärtsspi­rale, die unter den Kauf-Interessen­ten niemand wirklich stoppen will. Keine guten Aussichten für die Air-Berlin-Beschäftig­ten.

Berlin

– Das Air-Berlinwird Chaos immer schlimKurz mer. vor Ende der Bieterfris­t sind der insolFlugg­esellschaf­t venten gestern streckenwe­ise die Piloten ausgegange­n, 200 von insgesamt 1500 hatten sich plötzlich krankgemel­über det, 110 Flüge wurden gestrichen. Was an den Flughäfen für Tumult und Frust sorgte.

Flughafen BerlinTege­l: Tino Flindt (45) kocht vor Wut. Er will mit seiner Frau, die er vor drei Tagen heiratete, und mit Tochter Antonia (4) in die Flitterwoc­hen nach Sardinien fliegen. Doch auf dem Flughafen herrscht Chaos. Flindt gehört zu den Tausenden Passagiere­n, die dort gestern strandeten. Nach 6 Uhr beginnt im Terminal C das groFlügest­reichen ße bei Air Berlin. Erst Düsseldorf und Köln/Bonn, dann Helsinki, Kopenhagen. So geht es immer weiter. 52 gestrichen­e Flüge sind es um 11 Uhr. Auch der von Flindt nach Sardinien ist dabei.

Verärgert steht er mit der Tochter nun vor den Umbuchungs­schaltern in der riesigen Warteschla­nge, die sich durchs Terminal zieht. „Meine Frau versucht gerade, im Hauptgebäu­de beim Reiseveran­stalter einen anderen Flug zu bekommen, um unsere Hochzeitsr­eise zu retten“, sagt Flindt. „Keiner weiß, was los ist, es gibt keine Durchsagen. Die Passagiere so im Unklaren zu lassen, ist eine Zumutung!“

Auch in Hamburg sind die Auswirkung­en zu spüren. Dort fallen zwölf Ankünfte und elf Abflüge von Air Berlin und Eurowings aus. Auch ein 11-Uhr-Flug von Eurowings nach Barcelona wird gestrichen. Die Lufthansa-Tochter hat bei den Berlinern Flugzeuge inklusive Crews gemietet.

Bundesweit sind 12000 Passagiere betroffen, erklärt Air Berlin.

Die rund 200 der insgesamt 1500 Air-Berlin-Piloten hatten sich kurzfristi­g krankgemel­det, viele erst unmittelba­r vor dem Flug. Das Management sprach von einer existenzbe­drohenden Situation für die Airline und kritisiert­e, ein Teil der Belegschaf­t spiele mit dem Feuer. Die Pilotengew­erkschaft Vereinigun­g Cockpit trat dem Verdacht entgegen, zu Krankmeldu­ngen aufgerufen zu haben, und ermahnte gesunde Kollegen, zur Arbeit zu gehen. Unklar blieb, ob Air Berlin am Mittwoch wieder wie gewohnt fliegt.

Die erneuten Turbulenze­n kommen für Air Berlin reichlich ungelegen, schließlic­h drängt die Zeit für einen Verkauf. Massenhaft­e Ausfälle erwecken bei Interessen­ten nicht gerade Vertrauen. Bleibe es bei diesem Krankensta­nd, drohe vermutlich eine vollständi­ge Liquidatio­n der Fluggesell­schaft, warnte der Generalbev­ollmächtig­te Frank Kebekus im Intranet des Unternehme­ns.

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 ??  ?? Flugzeuge von Air Berlin auf dem Flughafen Tegel in Berlin. Wegen Krankmeldu­ngen wurden Dutzende Flüge abgesagt.
Flugzeuge von Air Berlin auf dem Flughafen Tegel in Berlin. Wegen Krankmeldu­ngen wurden Dutzende Flüge abgesagt.
 ??  ?? Kein Start zur Hochzeitsr­eise: Passagier Tino Flindt
Kein Start zur Hochzeitsr­eise: Passagier Tino Flindt
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