Baby im Müll: Was ist eine gerechte Strafe?
Junge Flüchtlingsfrau ließ Töchterchen sterben. Sie wurde nach Vergewaltigungen schwanger. Heute Urteil
Wie bestraft man eine Frau, die ihr eigenes Kind nach der Geburt sterben lässt? Die durch zahlreiche Vergewaltigungen traumatisiert ist und während der Geburt vermutlich schuldunfähig war? Die Staatsanwaltschaft fordert fünf Jahre Haft wegen Totschlags, die Verteidigung Freispruch. Heute ergeht das Urteil im Kieler Landgericht.
Immer wieder war die junge Frau (23) aus Eritrea während des Prozesses weinend in den Armen ihrer Verteidigerin zusammengebrochen, hatte die traumatischen Erlebnisse während ihrer Flucht geschildert, die Vergewaltigungen in der libyschen Wüste. Im Oktober 2015, zwischen dem 10. und dem 13., brachte sie ein gesundes Mädchen zur Welt, in Deutschland.
Das Baby lebte nur 30 Minuten, sein Leichnam wurde am 15. Oktober im Abfallkorb einer Bushaltestelle an der B403 in Sülfeld (Kreis Segeberg) gefunden. In der Kirchengemeinde wurde das Mädchen auf den Namen Teresa getauft und bestattet.
Sie habe ihre kleine Tochter erstickt, warf die Staatsanwaltschaft der Angeklagten zunächst vor, geht aber nach der Beweisaufnahme von „Totschlag durch Unterlassen“aus: Sie habe ihrem Kind nach der Geburt jede Hilfe verweigert, so der Staatsanwalt in seinem Plädoyer, „in einer Phase, in der ein Leben nicht schutzloser sein kann“. Das sei besonders verwerflich und strafverschärfend. Sie hätte das Kind ja auch zur Adoption freigeben können. Mit fünf Jahren bleibt er am untersten Rand des möglichen Strafmaßes.
Die junge Angeklagte hat sich zur Geburt nur knapp geäußert. Auf einer Busfahrt von Hamburg nach Bad Segeberg sei ihr übel geworden, dann sei sie mehrere Stunden bewusstlos gewesen. Laut dem psychiatrischen Gutachter war die Frau aufgrund ihrer posttraumatischen Belastungsstörung zum Zeitpunkt der Geburt nicht schuldfähig. Sie habe keine Bindung zu dem aus den Vergewaltigungen stammenden Kind entwickelt, habe gar von einem Jungen gesprochen, den Gott zu sich geholt habe.
Verteidigerin Nicole Buchert-Cochanski plädierte auf Freispruch, wegen Schuldunfähigkeit.