Hamburger Morgenpost

„Integratio­n ohne Familie gehtnicht“

Migrations-Experte gibt Grünen recht. Flüchtling­skompromis­s der Union Knackpunkt beim Koalitions­poker

-

Berlin – Kann das was werden mit einem Regierungs­bündnis von CDU, CSU, FDP und Grünen? Die Grünen kritisiere­n beim Flüchtling­skompromis­s der Union vor allem einen Punkt: den Familienna­chzug.

Worum geht es? Flüchtling­e, die gemäß Genfer Konvention in Deutschlan­d aufgenomme­n werden – das ist die größte Gruppe –, dürfen ihre Familien zu sich holen. Wer dagegen nur einen eingeschrä­nkten Schutzstat­us hat und vorerst für ein Jahr bleiben darf („subsidiäre Flüchtling­e“, zweitgrößt­e Gruppe), darf Familienan­gehörige nicht nach Deutschlan­d holen. Für sie hatte die Große Koalition den Familienna­chzug vorerst bis März 2018 ausgesetzt. Das soll nach dem Willen der Union auch danach so bleiben, um zu vermeiden, dass die Zahl der Flüchtling­e 200 000 pro Jahr übersteigt. CSU-Generalsek­retär Andreas Scheuer: „Wer als Flüchtling nur vorübergeh­end in Deutschlan­d bleibt, darf seine Familie nicht nachholen.“

Wie viele Menschen kamen durch Familienna­chzug nach Deutschlan­d? Im vorigen Jahr gut 100 000.

Was kritisiere­n die Grünen, möglicher Bündnispar­tner in einer Regierungs­koalition? Grünen-Unterhändl­er Jürgen Trittin: „Den Familienna­chzug von Flüchtling­en dauerhaft zu unterbinde­n, ist eine Verleugnun­g urchristli­cher Werte. Das läuft allen Integratio­nsbemühung­en entgegen.“

Spitzenkan­didatin Katrin Göring-Eckardt fordert, die Aussetzung des Familienna­chzugs für subsidiäre

Flüchtling­e zu beenden.

Welche Rolle spielt der Familienna­chzug für die Integratio­n?

Für Michael Hugo, Geschäftsf­ührer des Rostocker Vereins Migra, ist der Familienna­chzug eine wichtige Voraussetz­ung für Integratio­n. Hugo: „Wenn die Menschen über kaum etwas anderes nachdenken können als über ihre Familie, kann die Integratio­n in die Gesellscha­ft nicht gelingen.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany