Hamburger Morgenpost

Die Slums von Hamburg

Dem Vermieter der „Kakerlaken-Hölle von Harburg“gehören noch weitere Bruchbuden. Auch hier hausen Familien unter unwürdigen Bedingunge­n

- Von OLAF WUNDER

Sie profitiere­n von der Not anderer: Besitzer von abbruchrei­fen Häusern, die ihre Bruchbuden an die Ärmsten der Armen vermieten – und Quadratmet­ermieten wie in Blankenese oder der HafenCity kassieren: rund 30 Euro pro Quadratmet­er. Vor Kurzem hat die MOPO die Zustände im Haus Seehafenst­raße 9 aufgedeckt. Nun kommt raus: Volker F., dem Vermieter, gehören noch viele andere völlig herunterge­kommene Wohnhäuser. Die Slums von Hamburg.

In der Seehafenst­raße 9 bringt F. ganze Familien in winzigen Räumen von 12, 13, 14 Quadratmet­ern Größe unter – und kassiert jeweils 420 Euro dafür. Inzwischen haben die Behörden reagiert und das Gebäude bei einer Großkontro­lle unter die Lupe genommen. Jetzt gibt es die ErgebBruch­buden nisse: Es wird amtlich festgestel­lt, dass eine dramatisch­e Überbelegu­ng vorliegt. Zehn Wohnungen mit 99 Bewohnern? So geht es nicht weiter. „Wir haben dem Vermieter die Anordnung erteilt, die Überbelegu­ng zu beenden“, so Marcel Schweitzer, der Sprecher der Sozialbehö­rde.

Dazu gibt’s etliche bauliche Mängel. „In den Wohnungen fehlen Küchen, in den Bädern Lüftungen.“Die Folge: „Schimmel- und Schädlings­befall.“Außerdem sei der Vermieter aufgeforde­rt worden, dafür zu sorgen, dass Ratten und Kakerlaken bekämpft werden.

Volker F. (76, Name geändert), der Vermieter, verweigert jede Stellungna­hme. Gegenüber der MOPO sagte er nur, alles sei in Ordnung mit seinem Haus an der Seehafenst­raße. Und die Miethöhe sei mit den Behörden abgesproch­en… Offensicht­lich eine Lüge. an arme Teufel zu vermieten, deren einzige Alternativ­e die Obdachlosi­gkeit wäre – ein lukratives Geschäft, dem F. schon seit vielen Jahren und in weit größerem Stil als bisher bekannt nachgeht. Bei der MOPO hat sich Erhard Mühlmann (82) gemeldet, der von 1992 bis zu seiner Pensionier­ung im Jahr 2000 im Bezirksamt Harburg für die Unterbring­ung von Asylbewerb­ern zuständig war. Mühlmann packt aus, denn er kennt F., und zwar besser, als ihm lieb ist.

Was Mühlmann erzählt, macht fassungslo­s. Demnach kann der Zustand des Hauses Seehafenst­raße 9 bei den Behörden niemanden wirklich überrascht haben. „Denn dort sah es schon vor 20 Jahren nicht viel besser aus. Damals hat das Bezirksamt Harburg das komplette Gebäude von F. angemietet und darin Asylbewerb­er untergebra­cht.“

F. sei vertraglic­h verpflicht­et gewesen, für die Sauberkeit und die Unterhaltu­ng des Gebäudes zu sorgen. „Aber wir mussten ihn immer wieder anmahnen oder die Miete zurückhalt­en, um ihn dazu zu bewegen, seinen Verpflicht­ungen nachzukomm­en.“Was F. für ein Mensch ist? „Wenn er was will, kann er ne . Soll er was tun, ist er fies.“

Wir fahren mit Mühlmann zu den anderen Bruchbuden, die F. besitzt. Zum Beispiel zwei nebeneinan­derliegend­e Wohnhäuser an der GeorgWilhe­lm-Straße in Wilhelmsbu­rg. Das Treppenhau­s: völlig herunterge­kommen. Die Briefkäste­n: kaputt. Lichtschal­ter im Treppenhau­s: defekt. Der Fluchtweg zum Hinterhof: verschloss­en. Die Miete, die F. von meist rumänische­n und bulgarisch­en Bewohnern für die Absteigen kassiert: acht Euro kalt, 14 Euro warm pro Quadratmet­er.

Nächstes Ziel: ein Haus in der Straße Osterbaum in Harburg. Nur die eine Hälfte gehört F. – welche von beiden, ist leicht zu erkennen: die schäbige. Drinnen ist es noch schlimmer. Ein Bewohner zeigt uns einen Wasserscha­den an der Decke, der nur notdürftig repariert wurde. Das

„Wir mussten ihn immer wieder anmahnen.“E. Mühlmann über den Vermieter

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So berichtete die MOPO vor einem Monat. Blick in den verdreckte­n Innenhof der Seehafenst­raße 9 in Harburg
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