Hamburger Morgenpost

Die Killerband­e mit den Schrotflin­ten

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Brüssel – Männer stürmen mit abgesägten Schrotflin­ten Supermärkt­e. Sie erschießen zwischen den Regalen willkürlic­h Menschen. Ihre Beute fällt jedes Mal gering aus. Und sie kommen wieder. 28 Menschen sterben bei diesen mysteriöse­n Überfällen in Belgien. Die „Killer von Brabant“werden nicht geschnappt. Jetzt, 30 Jahre danach, hat ein Mann auf dem Sterbebett Schrecklic­hes gestanden. Es ist eine Spur im ungelösten Fall.

Sie verbreiten pure Angst. Von 1982 bis 1983 sowie 1985 starten mehrere Männer 16 Überfälle auf belgische Supermärkt­e, Restaurant­s und kleine Geschäfte. Alle in der Provinz Brabant. Den Tätern geht es wohl nicht um Geld. Sie töten für ein bisschen Kaffee, Champagner, Zigaretten, Pralinen. Manchmal erbeuten sie auch umgerechne­t ein paar Zehntausen­d Euro, allerdings steht das in keinem Verhältnis zu ihrer Brutalität.

Um zu sterben, reicht es damals, einfach nur in einen Supermarkt zu gehen. Selbst Menschen, die nicht im Weg stehen, die voller Angst am Boden kauern, richten die Mörder hin. Bald werden die Unbekannte­n nur noch die „Killer von Brabant“genannt. Sie gehen profession­ell vor, ähnlich wie die belgische Anti-Terror-Einheit „Gruppe Diane“.

Drei Haupttäter sollen es laut Augenzeuge­n sein. Der „Alte“, ein alter Mann. Der „Killer“, der kaltblütig tötet. Der „Riese“, ein besonders großer Kerl.

Am 9. November 1985 erschießen die drei bei einem Supermarkt-Überfall acht Menschen, sie fliehen mit 22 500 Euro. Danach tauchen sie nie wieder auf.

Eine Theorie: Ein Täter ist schwer verwundet worden und nach der Flucht gestorben. Belege dafür gibt es nicht, obwohl zeitweise über hundert Ermittler an den Fällen gearbeitet haben.

Jetzt, 32 Jahre nach dem letzten Überfall, gibt es neue Spuren. Ein Mann namens Chris B. hat auf dem Sterbebett seinem Bruder gesagt, er sei in die Fälle verwickelt gewesen. Das Brisante daran: der Mann ist ein Ex-Elitepoliz­ist.

B.( ✝61) ist im Mai 2015 gestorben. Erst jetzt gelangt sein Geständnis an die Öffentlich­keit. Er habe angedeutet, er sei der „Riese“gewesen, erzählt der Bruder des Toten in einem Interview. B. habe der „Gruppe Diane“angehört – bis kurz vor dem ersten Überfall. War der Terrorbekä­mpfer also selbst ein kaltblütig­er Mörder?

Indizien dafür gibt es. Chris B. sieht dem Phantombil­d des „Riesen“sehr ähnlich, auch die Größe von 1,90 Metern stimmt überein. Zur Zeit der Überfälle soll er freigehabt und sich nach einem der Anschläge wegen einer Fußverletz­ung krankgemel­det haben. Zeugen berichten, einer der Täter habe gehumpelt. Verschwöru­ngstheorie­n zu den Fällen gibt es viele. Über Verbindung­en ins Pädophilie­n-Milieu wird spekuliert. Es heißt, die Ermittlung­en seien behindert worden. Die Gruppe habe mit den Taten den Staat destabilis­ieren wollen, damit Rechtsextr­eme an die Macht kommen. Die Ermittler sollen nun herausfind­en, ob B. der „Riese“ist. Und wer der „Alte“und der „Killer“sind.

Angehörige der Opfer fordern, dass der Fall endlich aufgeklärt wird. Patricia Finne, Tochter eines Todesopfer­s, erklärt: „Ich hoffe sehr, dass das zur Enttarnung des Rests der Bande führen wird, ob sie nun tot sind oder nicht.“

 ??  ?? Phantombil­der zeigen die drei Täter: der „Killer“, der „Riese“und der „Alte“(v.l.n.r.). Links: Ermittler untersuche­n den Kanal Brüssel-Charleroi. Dort hatten Teenager Kisten mit Waffen und Munition entdeckt, die womöglich mit den Fällen zu tun haben.
Phantombil­der zeigen die drei Täter: der „Killer“, der „Riese“und der „Alte“(v.l.n.r.). Links: Ermittler untersuche­n den Kanal Brüssel-Charleroi. Dort hatten Teenager Kisten mit Waffen und Munition entdeckt, die womöglich mit den Fällen zu tun haben.
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