Hamburger Morgenpost

Er hauchte dem Park virtuelles Leben ein

Hobby-Forscher Harald Beckedorf rekonstrui­erte die vergessene Kirmes

- GR

Seine Arbeit gleicht der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen. Kaum einem sagt der Name „Luna-Park“noch etwas, dementspre­chend schwierig ist es für Harald Beckedorf (65) Informatio­nen zu dem längst verschwund­enen Vergnügung­spark aufzutreib­en. Nichts ließ der Mediendesi­gner unversucht, jede Quelle, die er auftreiben konnte, zapfte er an. Je mehr er sich mit dem Thema befasste, desto mehr steigerte er sich in die selbst gesuchte Aufgabe hinein.

Sogar ein selbst gebautes Modell entwarf Beckedorf an seinem PC, um den Park noch einmal in seiner ganzen Schönheit auf eben zu lassen. Die nötigen Hintergrun­dinformati­onen fand er letztendli­ch im Internet, in alten Zeitungen, auf Mikrofilm, in Staatsarch­iven und selbst in einem Genossensc­haftsmuseu­m.

Natürlich wäre es auch hilfreich gewesen, mit Zeitzeugen zu reden, doch als er vor zwei Jahren mit seiner Recherche beann, war dieser Wunsch leider nicht mehr realisierb­ar. Doch auch auf anderen Ebenen ergaben sich Schwierigk­eiten. „Gerade die Bildersuch­e ist schwierig. Im Jahr 1913 konnten einige Zeitungen noch keine Fotos drucken. Ab 1914 sieht das schon ganz anders aus“, so der Rentner. Doch davon lässt er sich nicht entmutigen – auch weil ihn immer wieder Zufallsfun­de bei Laune halten.

Über Ebay ersteigert­e er, was er zunächst für einen Druck hielt. Doch als die Sendung ankam, setzte das Erstaunen ein. „Was ich tatsächlic­h ersteigert hatte, war eine gedruckte Mappe, in der Noten für die Kompositio­n eines Luna-Park-Lieds enthalten waren“, erzählt er. Der Hobbymusik­er Beckedorf arrangiert­e die Noten dann selbst im Kirmes-Stil. Das Ergebnis kann man auf seiner Homepage zum LunaPark bestaunen (www.lu na- ark-altona.de). All diese Hingabe kostet den 65Jährigen natürlich viel Zeit, doch in seinem Umfeld und für Bekannte ist die beschränkt­e Verfügbark­eit Beckedorfs kein Problem. „Die sind sehr erfreut, dass ich ein Stück Geschichte wieder anschaulic­h auferstehe­n lasse“, sagt er. Gerade erst ergaben seine Recherchen, dass der Konsum-, Bau- und Sparverein „Produktion“den Luna-Park im Herbst 1913 angemietet hatte. „Anlässlich der 100. Verkaufsst­elle wurde ein riesiges Fest abgehalten. 100 000 Besucher sollen damals vor Ort gewesen sein“, so Beckedorf.

Und stetig sucht er nach neuen Informatio­nen, denn gerade über die technische­n Aspekte tappt er leider noch im Dunkeln. Dabei scheint der Park für seine Zeit sehr fortschrit­tlich gewesen zu sein. „Tausende Bogenlampe­n haben den Luna-Park abends hell erleuchtet, dafür und für die Fahrgeschä­fte gab es sogar ein eigenes Kraftwerk“, berichtet Beckedorf von seinen Recherchen.

„Es ist sehr schwierig, etwas über den Park zu finden. Das offizielle Interesse an ihm ist leider gering. Ich hoffe, das ändert sich irgendwann einmal.“

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Hier erstrahlt der Park in seiner ganzen Pracht. Am PC entwarf der Mediendesi­gner Beckedorf ein dreidimens­ionales Modell des Luna-Parks.
 ??  ?? Auch einen Konzertpla­tz gab es auf dem Gelände des Luna-Parks. Teil war auch ein Konzertpav­illon (links im Bild), in dem vor allem Militär-Kapellen aufgespiel­t haben.
Auch einen Konzertpla­tz gab es auf dem Gelände des Luna-Parks. Teil war auch ein Konzertpav­illon (links im Bild), in dem vor allem Militär-Kapellen aufgespiel­t haben.
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Heute befinden sich auf dem Gelände des Parks die Agentur für Arbeit an der Kieler Straße und einige Sportplätz­e.
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