Hamburger Morgenpost

Retter zu Opfern werden

Unfassbare Attacke auf Sanitäter in Berlin: 60 Fälle auch in Hamburg

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Es waren unglaublic­he Szenen, die sich Freitagvor­mittag in Berlin abspielten: Während Sanitäter versuchen, einen leblosen Einjährige­n zu reanimiere­n, bepöbelte ein Mann (23) die Retter, demolierte sogar deren Rettungswa­gen. Der irrwitzige Grund: Die Sanitäter hatten sein Auto zugeparkt. Auch die Hamburger Rettungskr­äfte werden immer wieder Opfer ähnlicher Vorf lle. Das war in Berlin passiert: Um kurz vor 10 Uhr wird die Berliner Feuerwehr zu einem Notfall im Stadtteil Moabit gerufen. In einer Kita war ein Kind (1) beim Spielen plötzlich bewusstlos geworden.

Als die Retter eintreffen, untersuche­n sie das Kind – und stellen fest: Herzkammer­f immern! Ein Sanitäter läuft eilig zurück zum Auto, um eine Beatmungsm­aske zu holen.

Dort wartet bereits ein 23-Jähriger, der vom Rettungswa­gen eingeparkt wurde. Der Mann hatte laut „BZ“bereits den Außenspieg­el des Feuerwehrf­ahrzeugs abgetreten, bepöbelt und bedroht den Sanitäter und seine Kollegen. Er schreit: Verpisst euch, ich muss zur Arbeit!“Der später eintreffen­den Polizei brüllte er sogar entgegen: „Mir doch egal, wer hier gerade reanimiert wird.“

Gerade noch rechtzeiti­g holen die Retter den Jungen dank Herzdruckm­assage zurück ins Leben.

Auch in Hamburg werden Retter immer wieder zu Opfern: „Allein im Jahr 2016 gab es 60 solcher Fälle, bei denen Retter verbal und physisch attackiert wurden“, sagt Jan Ole Unger, Pressespre­cher der Hamburger Feuerwehr.

Die Dunkelziff­er dürfte aber wohl deutlich höher liegen. Zwar sagt Unger: „Wir halten unsere Kollegen immer dazu an, jeden Konf ikt zu melden.“Aber die Realität sieht oft anders aus. Die Feuerwehrl­eute sind im Einsatz-Stress, haben keine Zeit und Nerven, sich mit zusätzlich­em Papierkram zu belasten. Auch im Berliner Fall sahen die Retter davon ab, Anzeige zu erstatten. Das Überleben des Jungen war ihnen einfach wichtiger.

 ??  ?? Bei Rettungsei­nsätzen geht es oft um Sekunden. Oft müssen Retter daher in zweiter Reihe parken. (Symbolbild) Jan Ole Unger, Sprecher der Hamburger Feuerwehr: „Allein im Jahr 2016 gab es 60 gemeldete Fälle, bei denen Retter verbal und physisch...
Bei Rettungsei­nsätzen geht es oft um Sekunden. Oft müssen Retter daher in zweiter Reihe parken. (Symbolbild) Jan Ole Unger, Sprecher der Hamburger Feuerwehr: „Allein im Jahr 2016 gab es 60 gemeldete Fälle, bei denen Retter verbal und physisch...

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