SCHLUSS MIT DEM PEINLICHEN DENGLISCH, ASAP!
Immer mehr Nixblicker versuchen, ihre dürren Positionen durch vermeintlich „coole“Anglizismen zu „pimpen“. Das nervt!
Frikadellen und Bouletten? Völlig „old school“. Seit Deutschlands Männer im Burger-Fieber sind, dreht sich alles um „Patties“. Damit haben die Anglizismen nach dem Internet, der Mode- und der PR-Branche selbst das widerständige deutsche Handwerk erreicht. Beim Szene-Metzger in der Fleischtheke liegen statt Stielkoteletts jetzt „Tomahawks“neben „Flat Iron“Steaks und „Barbecue Cuts“. Die Zubereitungs-Empfehlung wird gleich mitgeliefert: Ab in den „Beefer“und dann „medium rare“grillen.
Überraschend an der rapide steigenden Flut von Anglizismen ist eigentlich nur noch eins: Wieso regt sich niemand mehr auf ? Wieso wird das Feld so komplett Wichtigtuern überlassen, die sich über Vokabeln als totale Kenner und – Achtung englischer Begriff – Insider zu erkennen geben? Was bei einem Hobby wie Grillen noch völlig harmlos ist, nimmt in einigen Berufssparten groteske Züge an.
Da kümmert sich der MarketingKollege „asap“* um das Problem im Zusammenhang mit dem „Pitch“des neuen „Start-ups“, bei dem es noch Fragen bezüglich des „Contents“gibt und letzte Kollegen vorab „gebrieft“und „gecoacht“werden müssen.
Und in der Mode gehörten „Clutches“gerade noch zu den „Must-haves“und sind mittlerweile vielleicht schon „No-Gos“bei den „It-Girls“. Selbst bei Sport-Kommentatoren schleicht sich immer öfter der „Referee“ein. Parallel flattert eine Einladung zur Fahrraddemo auf der Osterstraße herein, bei der eine „protected bike lane“errichtet werden soll. Und ja – auch bei der MOPO schleichen sich Anglizismen ein, die mit etwas mehr Nachdenken manchmal auch verzichtbar wären.
Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass über Anglizismen in den Feuilletons gestritten wurde. Damals, als das Problem noch gar nicht so akut war. Vor einigen Jahren stellten wütende Bewahrer deutscher Sprache so alberne Forderungen auf wie Klapprechner statt Laptop zu sagen und Nachsteller statt Stalker.
Niemand will dahin zurück. Es gibt jede Menge sinnvolle, bereichernde Wörter, die wir aus dem Englischen übernommen haben und für die es gar keine deutsche Entsprechung gibt. Aber wer einen Kollegen informieren oder einweisen kann, der muss ihn nicht mehr briefen. Und wer eine Motorradtour („Tour“stammt übrigens aus dem Französischen!) am Elbdeich plant, der kann auf das „Cruisen“mit dem „Bike“verzichten.
In einer repräsentativen Befragung des Meinungsforschungsinstituts YouGov vom vergangenen Jahr lehnen 71 Prozent der Deutschen Anglizismen ab. Offenbar eine schweigende Mehrheit, denn in Erscheinung tritt sie nie. Mittlerweile scheint das Feld nur noch von Ultrarechten wie der NPD bestellt zu werden, die vom Weltnetz statt vom Internet sprechen und auf diese Weise mit Anti-Amerikanismus und ÜberfremdungsÄngsten um Unterstützer buhlen. Mit denen möchte natürlich niemand in einem Boot sitzen.
Es geht ja bei dem Thema nicht um kulturelle Vorherrschaft oder Leitkultur. Die Amerikaner übernehmen andersherum auch deutsche Begriffe wie Angst und Zeitgeist, ohne dass sie gleich teutonisch unterwandert werden. Und aussprache-technisch kann man froh sein, dass viele Begriffe Silicon-Valley-getrieben sind und die neusten Technologien derzeit nicht aus Xián oder Shenzhen stammen.
Aber wozu dient Sprache? Sie dient der Verständigung. Wenn immer mehr Gruppen sich schöne neue Anglizismen-Welten erschaffen und jede Sparte ihre eigenen Denglisch-Wörter benutzt, dann verstehen am Ende alle nur noch Bahnhof und Kommunikation wird regelrecht verhindert. Einige suchen da das Heil in Verboten. Wie die Deutsche Bahn, die ein Glossar mit 2200 Tabu-Anglizismen erstellt hat, damit die Angestellten „Flyer“, „Counter“und „Hotline“vermeiden. Mal ehrlich – das muss doch auch ohne solche Regelungen funktionieren.
Vielleicht reicht es ja, wenn jeder einfach mal darauf achtet, völlig unnötige Anglizismen zu vermeiden. Auf ein englisches Wort kann ich in diesem Zusammenhang aber um keinen Preis verzichten. Es heißt Bluffer. Noch trefflicher lässt sich dieser Menschenschlag einfach nicht beschreiben, der mit Anglizismen nur so um sich wirft und sie manchmal selbst nicht versteht.