Die Wut der Kiez-Wirte
Immer mehr Billig-Alkohol, Drogen und Grapscher: Die Chefs von sechs legendären Kneipen und Clubs prangern die Zustände auf St. Pauli an
Billig-Fusel, Dreck, Grapscher: Die Diskussion über die Zustände auf dem Kiez hat Wellen geschlagen. Nachdem sich Uwe Christiansen und Corny Littmann in der MOPO geäußert hatten, melden sich jetzt gleich sechs Wirte zu Wort. Sie warnen: „Wenn es so weitergeht, können wir dichtmachen!“Hier schildern sie die größten Probleme:
Die Kioske
„58 Kioske gibt es hier. Dort wird billiger Fusel von Lidl oder Penny in Plastikflaschen für einen Spottpreis abgefüllt“, sagen die Wirte. „Dabei haben die Kioske nicht mal eine Ausschankgenehmigung. Sie drehen mit einem Ghettoblaster laute Musik auf – zahlen die Betreiber überhaupt GemaGebühren? Sie zahlen wenig Miete für wenig Fläche und haben keine Toiletten. Die Kioske werden wie Gastronomie betrieben, ohne eine zu sein. Während wir über jede Kleinigkeit Buch führen müssen, weisen die Kiosk-Betreiber vermutlich nichts nach. KiezBesucher lassen sich vor einem Kiosk volllaufen, nutzen unsere Toiletten und unsere Räumlichkeiten zum Feiern, ohne einen Cent dazulassen.“
Die Grapscher
„Alle fünf Meter stehen auf dem Kiez Gruppierungen von zehn bis 15 Mann“, klagen die Wirte. „Teilweise stellen sie sich direkt vor die Eingänge der Lokalitäten, dass Gäste und vor allem Frauen sich nicht trauen reinzugehen. Die Kiez-Gänger fühlen sich unwohl, Frauen haben Angst vorbeizugehen. Bei den Gruppen handelt es sich oft um Nordafrikaner“, schildern die Barund Clubbetreiber. „Wir sind kein bisschen ausländerfeindlich, 75 Prozent unserer Gäste sind Ausländer. Der Kiez ist multikulti und das ist auch gut so. Doch diese Männer benehmen sich daneben. Sie begrapschen Frauen und beklauen Gäste. Wenn man dann dazwischengeht oder sie aus dem Club wirft, muss man mit allem rechnen. Auf alle Fälle wird man sofort als Nazi beschimpft. Und teilweise zücken die Männer Messer oder auch mal ein Hackebeil aus der Tasche. Deshalb mussten wir Türsteher engagieren – was immense Kosten verursacht. Die brauchten wir vor wenigen Jahren noch nicht.“
Die Dealer
Auch die Dealer sind den Wirten ein Dorn im Auge: „Die stehen an jeder Ecke, quatschen die Touristen an und wollen ihre Drogen verkaufen. Die meisten sind Schwarzafrikaner. Wenn die Polizei sie mal kontrolliert, werden ihnen sofort rassistische Kontrollen vorgeworfen. Schnell versammeln sich dann auch Leute und demonstrieren dagegen. Außerdem: Werden die Dealer des Platzes verwiesen, kommen sie kurze Zeit später wieder. Die Anzeigen gegen sie verlaufen im Sande, die Verfahren werden von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Also machen die Täter einfach weiter.“
Die Klientel
„Die Klientel auf dem Kiez hat sich sehr geändert. In den ,Elbschlosskeller‘ gehen ja auch gescheiterte Existenzen, Alkoholiker und Obdachlose. Sie
gehören auch auf den Kiez. Doch inzwischen tummeln sich Leute auf dem Kiez, die in Abflussrillen nach Crack-Kügelchen oder einem Rest Koks suchen. Die kamen zum Teil her, als der Hansaplatz in St. Georg aufgeräumt wurde.“Ein weiteres Phänomen macht den Wirten Sorge: „Es gibt immer mehr skrupellose Menschen, die selbst alte Omas überfallen.“
Die Politik
„Wir fühlen uns alleingelassen. Es muss doch Gesetze geben. Es gibt 58 Kioske, der 59. macht schon auf ! Die Auflagen für eine Kneipe oder einen Club sind sehr hoch. Warum gibt es keine für Kioske? Warum werden sie nicht kontrolliert? Wir stehen auch hinter der Polizei. Aber in die Davidwache sollten Beamte gesetzt werden, vor denen die Leute auch Respekt haben. Frauen zum Beispiel werden von Grapschern oft nicht respektiert.“