Rettet das einmalige Deutschlandhaus!
Warum der geplante Abriss des historischen Gebäudes am Gänsemarkt ein Skandal ist – und Hamburg endlich anders mit seiner Geschichte umgehen muss
Rettet das was? Das werden Sie sich jetzt vielleicht fragen. Also, ich spreche vom Eckhaus Dammtorstraße/Valentinskamp. Direkt am Gänsemarkt wurde 1929 das elegant geschwungene Gebäude nach Entwürfen der Architekten Fritz Block und Ernst Hochfeld errichtet. Es war als hochmodernes Bürogebäude, Kaufhaus und Ladenpassage konzipiert. Laut Hamburger Denkmalverein hielt mit dem Bau die moderne Großstadt am Gänsemarkt Einzug.
Außerdem gab es im Deutschlandhaus den UfaPalast – mit 2700 Plätzen damals eines der größten Kinos Europas. 1944 richteten Bomben schwere Schäden an. Die Engländer bauten das Gebäude nach dem Krieg wieder auf und nannten es „Hamburg-House“. Das Kino allerdings wurde nicht wieder eröffnet.
In den 70er Jahren gab es Umbauten, die sind jedoch äußerlich für den Laien kaum sichtbar. Trotzdem sind sie der Grund, warum kein Denkmalschutz besteht. Laut Kristina Sassenscheidt, der Vorsitzenden des Denkmalvereins, „... hat der Bau bis heute eine große städtebauliche Bedeutung und ist insofern unverzichtbar für das gewachsene Stadtbild“.
Kein Argument für die ABG Immobilien-Management Gesellschaft. Sie ist Eigentümerin des Deutschlandhauses. Der Geschäftsführer der Firma, die in der HafenCity sitzt, heißt Bernhard Visker. Im „Abendblatt“erklärte er vor einiger Zeit: „Das bestehende Gebäude entspricht nicht mehr den heutigen Anforderungen moderner Nutzer und den Standards der Nachhaltigkeit.“Aktuell will er sich nicht mehr äußern.
Also Abriss. Basta! Mit diesen Argumenten könnte man jeden Altbau in Hamburg sofort plattmachen. Und so ist es ja auch dutzendfach geschehen in dieser Stadt. Und es traf dabei auch diverse denkmalgeschützte Bauten. Aktuell sollen die City-Hochhäuser abgerissen werden. Und wofür? Für einen komplett gesichtslosen Klinker-Bau.
Deutschlandhaus-Eigentümer Visker kündigt an: „Unser Ziel ist es, an dieser prominenten Stelle von Hamburg ein archtektonisches Konzept zu realisieren, welches den Marktanforderungen und der besonderen Lage gerecht wird.“
Marktanforderungen! Wenn ich so was schon höre! Herr Visker, Sie haben als Bauherr das Recht, gutes Geld zu verdienen – aber auch eine Verantwortung für das Stadtbild. Jedenfalls dann, wenn Sie am Gänsemarkt und nicht in einem Bramfelder Gewerbegebiet aktiv sind.
Zu welchen Scheußlichkeiten die „Marktanforderung“führt, zeigt doch die Europa-Passage. Dafür wurde das 1909 errichtete Europahaus und ein Eckgebäude von Martin Haller plattgemacht. Letzterer immerhin der Architekt des Rathauses. Aber wenn es nach Herrn Visker und seinesgleichen ginge, könnte selbst das wohl auch weg – weil es den Marktanforderungen nicht genügt und natürlich auch nicht nachhaltig ist.
Ein Irrsinn, was sich bis heute in unserer Stadt abspielt. Damit wir uns nicht missverstehen: Eine Millionenstadt wie Hamburg wächst und sie muss sich entwickeln. Hamburg ist kein Freilichtmuseum. Aber hier sind durch den Zweiten Weltkrieg, und mehr noch durch irre Stadtplaner und geldgierige Investoren, so viele Baudenkmäler vernichtet worden, dass wir heute um jedes einzelne historische Gebäude kämpfen müssen.
Nun soll angeblich Hadi Teherani den Neubau anstelle des Deutschlandhauses entwerfen. Der Mann ist in seiner Heimatstadt Hamburg um-
Mit diesen Argumenten könnte man jeden Altbau in Hamburg sofort plattmachen.
stritten. Dabei hat er mit dem „Dockland“unweit des Fischmarkts, dem „Berliner Bogen“oder den „Tanzenden Türmen“auf dem Kiez weltweit beachtete Top-Entwürfe abgeliefert. Doch Teheranis spannende Neubauten entstanden dort, wo vorher nichts war. Sie sind auch deswegen eine Bereicherung des Stadtbilds. Der Abriss des Deutschlandhauses aber wäre ein nicht wiedergutzumachender Eingriff ins Stadtbild.
Hadi Teherani hat die Europa-Passage entworfen. Wie gesagt, das klotzige Einkaufscenter, für das zwei Baudenkmäler weichen mussten. Ich halte ihn für einen der besten Architekten Europas. Aber wenn der Mann sich bei seinen Entwürfen nur an die „Marktanforderungen“halten darf und nicht an das, was er gestalterisch eigentlich könnte, dann kommt so ein monströser Bau wie die Europa-Passsage heraus.
Den Behörden ist es fast egal, was in dieser Stadt gebaut wird, meine ich. Eine Polemik? Vielleicht, aber weder Bezirke noch Denkmalschutz leisten bei geplanten Schauder-Bauten großartig Widerstand. Jetzt soll angeblich sogar das Hanseviertel plattgemacht werden. Es ist wohl auch nicht mehr „marktgerecht“. Also weg damit!
Ich hab die Nase voll davon, wie in meiner Heimatstadt mit dem baulichen Erbe umgegangen wird. Alle hier sind so wahnsinnig stolz auf die Elbphilharmonie. Aber keiner will sich an die vielen Bausünden der Vergangenheit erinnern. Mein Appell an Bauherren, Behörden oder Investoren: Zeigt, dass ihr Hanseaten seid und bewahrt das bauliche Erbe dieser schönen Stadt.