Harmonie? Jetzt gibt’s Haue!
Trainer Janßen total enttäuscht von seinen Spielern. Sportchef Stöver analysiert knallhart: „Die Zeit des Träumens ist vorbei!“
Zuvor war die Saison des FC St. Pauli von viel Übereinstimmung im eigenen Lager geprägt. Nach jedem der bis dahin fünf sieglosen Spiele hintereinander wurde stets auch das Positive herausgestellt. Das ist seit der 0:4-Klatsche beim Kellerkind Greuther Fürth gänzlich anders. Harmonie? Jetzt gibt’s Haue!
Olaf Janßen (51) sprach vom „bittersten Moment, seit dem ich hier Trainer bin“. Die Art und Weise, wie seine Profis ihren Job verrichteten, deprimierte ihn sehr: „Unsere Einstellung zum Spiel und dem, worauf wir uns die ganze Zeit vorbereitet haben, die war einfach nicht da, wie sich das gehört. Das kann man im Profi-Fußball nicht machen.“
In der Pause appellierte er an die Ehre jedes Einzelnen: „Ich habe den Jungs gesagt, dass sich in solchen Momenten, wo es weh tut, entscheidet, mit welchem Charakter man auf den Platz geht, diesen Beruf ausübt und für uns, für unsere Mannschaft steht.“
Nach kurzfristiger leichter Besserung holte sich Routinier Bernd Nehrig eine dumme Gelb-Rote Karte ab (63.). Deshalb bekam auch der Kapitän sein Fett weg. Janßen: „An der Mittellinie noch mal so reinzugrätschen, das war mehr als unglücklich. Da war das Spiel zu Ende.“Nehrig kleinlaut: „Wir waren auf dem Platz nicht anwesend, das schreibe ich mir als Käpt’n mit auf die Fahne, Ich war kein guter Leader.“
Weil die unteren Ränge bedrohlich nahe kommen, ist auch der Sportchef alarmiert. Uwe Stöver macht keinen Hehl daraus, dass er enttäuscht, frustriert und verärgert ist: „Das Spiel in Fürth entspricht grundsätzlich nicht dem Leistungsvermögen der Mannschaft und auch nicht den Eindrücken, die man aus den ersten 14 Spieltagen gewinnen konnte.“
Für ihn geht’s mittlerweile um mehr als nur eine Ergebnisschwäche: „Das ist eine Krise, wenn man sechs Spiele nicht gewinnt!“Der 50-Jährige fordert von den Profis die Situation anzunehmen, nichts schönzureden: „Die Zeit des Träumens ist vorbei. Wir sind an einem Punkt angekommen, wo es darum geht, den Fakten ins Auge zu schauen. Wir sind seit sechs Spielen ohne Sieg, haben in jedem Spiel mindestens ein Gegentor bekommen, waren in Fürth mit vier Stück noch fast gut bedient.“
Stöver spricht knallhart die Defizite an. Ihn plagen leichtsinnige Fehler und mangelnde Konzentration. Man müsse „defensiv und offensiv extremst arbeiten“– und „wir müssen dokumentieren, dass wir eine Einheit sind, dass wir in der Lage sind, uns aus einer Situation wie dieser zu befreien“. Da zeige sich die wahre Qualität einer Mannschaft, einer gut funktionierenden Gruppe: „Jeder Einzelne muss sich so einbringen, dass er persönliche Animositäten hinten anzustellen hat.“
Stöver nimmt alle beim FC St. Pauli in die Pflicht. Sich selbst, natürlich auch Janßen: „Es ist das eine oder andere probiert worden. Ob personell, in der Ausrichtung, was das System anbetrifft, aber es hat letztlich nicht zu dem Ergebnis geführt. Fakt ist: Wir haben 0:4 verloren.“Er warnt vor einer Verschärfung der Lage bis Weihnachten: „Bei der Konstellation der letzten drei Spieltage müssen wir schauen, nicht durchgereicht zu werden.“