Hamburger Morgenpost

Schenkt Kindern keine Handys!

Dr. Christian Roth warnt Eltern und Großeltern davor, Smartphone­s zu verschenke­n – und erklärt, ab welchem Alter welche Geräte in Ordnung sind

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Experte warnt Eltern. Welche Gefahren drohen, ab welchem Alter Smartphone & Co. in Ordnung sind

Smartphone, Laptop oder Spielkonso­le unterm Tannenbaum? Auf der Wunschlist­e vieler Kinder stehen in diesem Jahr wieder Elektro-Geschenke aller Art. Viele Eltern fragen sich: Ist das ein sinnvolles Geschenk? Wissenscha­ftler und Pädagogen warnen vor Risiken. Zu Recht. Gerade bei jüngeren Kindern sollte ein Smartphone als Weihnachts­geschenk tabu sein. Und bei älteren ist es nur dann ratsam, wenn gemeinsam genaue Regeln für den Umgang gefunden werden.

Es ist ein schmaler Grat. Auf der einen Seite sollte man die Kinder nicht zu früh mit dem Internet und der Sogwirkung von Onlinespie­len konfrontie­ren. Auf der anderen Seite ist der digitale Wandel in vollem Gange und der Umgang mit Computern gehört zur beruf ichen Vorbereitu­ng. Schnell grenzt man sein Kind aus, wenn man ihm Smartphone und Co. verweigert. Denn gerade „soziale Medien“sind bei Kindern und Jugendlich­en sehr beliebt. Was viele nicht wissen: Dienste wie Facebook, Instagram, Twitter, Snapchat und YouTube geben in ihren Nutzungsbe­dingungen ein Mindestalt­er von 13 Jahren an. Überprüft wird das allerdings nicht. Da sind dann die Eltern gefragt.

Aber ab wann kann man seinem Kind ein Smartphone schenken? Allgemeing­ültige Altersempf­ehlungen sind nur bedingt hilfreich, zu unterschie­dlich sind unsere Kinder in ihrer Entwicklun­g und Persönlich­keit. Wichtig ist, dass Eltern den Medienkons­um und Inhalte mit ihren Kindern diskutiere­n und gemeinsam Regeln finden. Zum Beispiel eine zeitliche Begrenzung. Außerdem sollte es nicht die Regel sein, dass Eltern die Unterhaltu­ngsmedien nutzen, um ihre Kinder ruhigzuste­llen.

Hieran können sich Eltern und Großeltern orientiere­n: Kinder unter acht Jahren sollten definitiv kein eigenes Smartphone haben, weil sie noch nicht reif genug dafür sind. Das würde ihre Entwicklun­g stören. Sie müssen

Kinder müssen erst mal in der realen Welt ihre Erfahrunge­n machen. Handys stören ihre Entwicklun­g. Dr. Christian Roth

erst einmal in der realen Welt ihre Erfahrunge­n machen. Acht bis Zehnjährig­e können durchaus Kontakt mit Handys haben, etwa Spiele auf dem Telefon der Eltern spielen, aber auch sie sollten kein eigenes Gerät haben.

Bei Zehnjährig­en hängt es vom Entwicklun­gsstand ab, vereinzelt kann ein eigenes Smartphone okay sein. Mit zwölf Jahren ist es dagegen schon üblich, aber auch nicht bei jedem Kind angemessen. Laut der JIM-Studie 2017 haben bereits 92 Prozent aller Zwölfjähri­gen ein eigenes Smartphone, ab 14 Jahren sind es 99 Prozent.

Generell gilt, in der Stunde vor dem Einschlafe­n keine Bildschirm­e zu nutzen, da sie das Gehirn nicht zur Ruhe kommen lassen. Allein das Licht des Bildschirm­s sendet schon das Signal, es sei noch Tag. Außerdem sollten Kinder möglichst nicht unkontroll­iert ins Internet gehen, was natürlich schwer umzusetzen ist. Hier sollten Eltern spezielle Schutzprog­ramme installier­en und mit ihren Kindern die Gefahren des Internets besprechen.

Allerdings sind Smartphone­s auch hilfreich. Wir können unsere Kinder schnell erreichen und sie uns ebenso. Da häufig beide Elternteil­e berufstäti­g sind, ist das sehr wichtig. Doch Moment, würde hier nicht auch ein einfaches Handy reichen? Gerade jüngeren Kindern in der Grundschul­e kann man durchaus ein altes Handy ohne Internetzu­gang geben, das sie im Notfall nutzen können.

Denn so sinnvoll und praktisch Smartphone­s, Tablets und Laptops auch sind, bringen sie leider ganz neue Risiken mit sich. Hausaufgab­en werden nicht gemacht, da lieber YouTube-Videos angesehen werden. Chatnachri­chten und Fotos werden bis spät in die Nacht und sogar während des Unterricht­s ausgetausc­ht. Smartphone­s sind reinste Aufmerksam­keitsmagne­ten. Es gibt ständig Neues zu entdecken.

Bereits Kinder im Alter von drei Jahren sind von Smartphone­s und Tablets fasziniert. Bevor wir uns versehen, wischen sie über die Blätter eines echten Bilderbuch­es, anstatt umzublätte­rn. Ich übertreibe nicht. Kleinkinde­r brauchen Spielzeug, das sie anfassen und erkunden können, kein Handy oder iPad.

Die aktuelle BLIKK-Medienstud­ie warnt regelrecht vor intensivem Medienkons­um. Konzentrat­ionsund Lernschwie­rigkeiten, Hyperaktiv­ität und Schlafstör­ungen seien die Folgen. Kinder sollten ihre Erfahrunge­n in der Wirklichke­it machen und alle Sinne dabei einbringen können.

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Ein Smartphone als Weihnachts­geschenk? Gerade bei kleinen Kindern warnt der Medien-Psychologe davor.
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Haltung, bitte! Auf der täglichen „Standpunkt“-Seite schreiben MOPO-Redakteure und Gast-Autoren aus ganz persönlich­er Sicht über Themen, die Ham urg bewegen. Darüber darf gern diskutiert werden! standpunkt@mopo.de

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