„Huub Stevens hat mich geprägt“
Raphael Wicky führte den FC Basel ins Achtelfinale der Champions League. Er besiegte den großen José Mourinho aber vermeidet es strikt, in Schweizer Zeitungen zu schauen
Kumpeltyp noch zu distanziert. Wichtig ist mir, dass ich nicht zu oft in der Kabine bin. Da sollen die Jungs auch mal unter sich sein. Und: Ein Spieler soll keine Angst vor mir haben, dann bringst du nur 70, 80 Prozent. Angst lässt dich verkrampfen, ich kenne das.
Sie selbst hatten als Profi viele Trainer. Orientieren Sie sich an denen?
An zweien. Mir hat Luis Aragonés bei Atlético Madrid gefallen, durch seine Ehrlichkeit. Das Gleiche galt für Huub Stevens beim HSV. Auch er hat mich geprägt – weil er dir klar sagt, was Sache ist. Als Stevens 2007 nicht mehr auf mich zählen wollte, hat er mir das deutlich erklärt, ohne um den heißen Brei herumzureden. Das tat zwar weh, aber es war gut. Das habe ich für mich übernommen: Eine schlechte Nachricht bleibt eine schlechte Nachricht, sprich sie aus! Da muss man nicht vorher zehn Minuten Süßholz raspeln.
Verfolgen Sie den HSV noch?
Klar! Ich habe da sechs Jahre gespielt, das ist fast ein halbes Fußballerleben. Ich habe auch noch Kontakt nach Hamburg, zu Stefan Wächter (HSV-Torwarttrainer, die Red.) und Roger Stilz (Leiter des St.Pauli-Nachwuchszentrums, die Red.). Leider hat der Verein die Top-Plätze ja ein wenig aus den Augen verloren.
Dabei wäre eine Rückkehr mit Basel in den Volkspark doch schön.
Ja, aber am besten in der Champions League (lacht).
Reizt die Bundesliga Sie als Coach?
Auch da muss ich sagen: Ich hatte nie so einen konkreten Plan. Ich hatte ja nicht mal den Plan, jetzt Trainer des FC Basel zu sein. Klar ist aber: Ich habe zehn Jahre in der Bundesliga gespielt. Man kennt mich dort, viele meiner Ex-Kollegen haben jetzt Posten bei Klubs und treffen Entscheidungen. Vielleicht ist die Bundesliga irgendwann ein Thema. Aber jetzt nicht. Ich bin erst fünf Monate Profi-Trainer und lebe diese Aufgabe hier in Basel total!
Und es geht weiter: Heute wird das Achtelfinale der Champions League ausgelost. Wen hätten Sie gern?
Liverpool oder AS Rom wären toll. Barça, ManCity oder Paris sind zwar mega attraktiv, aber die spielen sicher auf einem anderen Level als wir.
Das hätte man von Mourinhos Manchester United auch gedacht.
Das stimmt! Umso schöner war der Sieg. Wer weiß, ob ich es überhaupt noch mal erlebe, ManUnited zu schlagen. Das nimmt dir keiner mehr.
Er ist dabei. Wenn heute ab 12 Uhr in Nyon die Achtelf nals der Champions League ausgelost werden, wartet auch Raphael Wicky (40) auf den nächsten Gegner. Seit Sommer ist der Ex-HSVProf (2002 bis 2007) Trainer des FC Basel – und spricht in der MOPO über sein aufregendes Jahr.
MOPO: Herr Wicky, kürzlich besiegten Sie ManUnited in der Champions League. Wie benimmt sich José Mourinho, wenn man ihn gerade geschlagen hat? Raphael Wicky:
Er hat mir kurz gratuliert und war sehr höflich. Viel mehr spricht man nach einem Spiel aber auch nicht mehr. Da hast du andere Sorgen.
Vergangene Woche gewannen Sie dann auch noch bei Benfica Lissabon. Nun stehen Sie im Achtelfinale der Champions League. Mal ehrlich, müssen Sie sich manchmal kneifen?
Das Jahr 2017 war schon krass. Ich war Anfang des Jahres U21-Trainer und habe in der European Youth League gespielt. Jetzt liegst du mit den Profis im Topf der 16 besten Teams Europas. Das war nie und nimmer abzusehen. Aber klar war: Als die Führung mich im Sommer informierte, dass ich die Profis übernehmen soll, war das eine riesen Chance.
Basel in der Schweiz, das ist wie Bayern in Deutschland.
Sportlich ja. Wenn du achtmal in Folge Meister wirst, erwarten die Menschen Erfolg. Da wird schnell vergessen, dass wir einen großen Umbruch hinter uns und ein sehr junges Team haben. Medial gesehen ist Basel mit Bayern aber nicht zu vergleichen. Und ganz ehrlich: In meiner Zeit beim HSV standen da jeden Tag vier Kamerateams, wenn ich auf den Hof fuhr – egal ob wir Dritter oder 17. waren. Da kann mich wenig schocken.
Aber der Hype um Basel hat zuletzt schon zugenommen.
Ich bekomme das nicht so mit, weil ich eigentlich nur die ausländischen Medien verfolge. Und da spielen wir nicht so die große Rolle.
Sie lesen keine Schweizer Zeitungen?
Nein. Aus Selbstschutz. Weil ich weiß, dass es mir nicht gut tut, wenn ich zu viele kritische Dinge lese. Ich lasse das viel zu nah an mich ran, es belastet mich. Deshalb bin ich da konsequent. Das habe ich als Spieler gelernt. So geht’s mir besser. Als Trainer stehen Sie automatisch im Fokus. Genießen Sie das auch ab und zu? Es gibt Momente, in denen man schon merkt, was alles passiert ist. Da sind wir wieder bei Mourinho. Unser erstes Gruppenspiel war im Old Trafford, da ist alles eng, du stehst vier Meter voneinander entfernt. Dann guckst du rüber und siehst Mourinho direkt neben dir. Ich gehöre sicher nicht zu den emotionalsten Menschen, aber das hat mich schon gepackt. Vorm Anpfiff ist er übrigens sehr, sehr locker und plaudert gern. Sehr angenehm.
Wie unterscheidet sich der Trainer Wicky vom Spieler?
Ich versuche, gleichzubleiben, auch wenn zuletzt alles sehr schnell sehr groß wurde. Vielleicht ist es gut, dass ich weiß, wie man als Spieler tickt. Ich bin weder der