Hamburger Morgenpost

Ist der GroKo-Vertrag gut für Deutschlan­d?

Millionen Menschen profitiere­n. Kritik von Arbeitgebe­rn

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BERLIN – Die Erleichter­ung ist spürbar: Die Hängeparti­e ist zu Ende. Wenn jetzt noch die SPD-Mitglieder zustimmen, wird Deutschlan­d endlich wieder regiert. Aber ist der Kompromiss auch gut für unser Land?

Familien profitiere­n: Mindestens 46 Milliarden Euro zusätzlich will die Koalition verteilen – auch dank der jüngsten Überschüss­e bei den Steuereinn­ahmen. Ganz oben auf der Agenda stehen die Familien. Höherer Kinderzusc­hlag für Einkommens­schwache, höheres Kindergeld, Baukinderg­eld sind da ein deutliches Signal. Was Familien ebenfalls zugutekomm­t, sind die zwei Milliarden Euro für den Ausbau von Ganztagssc­hulen und -betreuung.

Schüler und Studenten profitiere­n: Die verbessert­e Ausbildung­sförderung für Studenten entlastet Eltern ebenfalls und setzt neue Akzente in der Bildungspo­litik. Arbeitnehm­er profitiere­n:

Gut für Millionen Arbeitnehm­er ist die Senkung der Arbeitslos­enversiche­rungsbeitr­äge um 0,3 Punkte, der schrittwei­se Wegfall des Solis für 90 Prozent der Beitragsza­hler, die Wiedereinf­ührung der Finanzieru­ng der Krankenkas­sen durch Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er zu gleichen Teilen.

Rentner profitiere­n: Für die meisten wird eine Rente oberhalb der Grundsiche­rung garantiert. Das Rentennive­au wird nicht unter 48 Prozent im Vergleich zum Lohn im Berufslebe­n fallen.

Mieter profitiere­n: Um die hohen Mieten in Großstädte­n zu dämpfen, sind zwei Milliarden Euro zusätzlich für den sozialen Wohnungsba­u geplant. Zudem soll die Mietpreisb­remse nachgeschä­rft werden. Vermieter werden gezwungen, die Vormiete offenzuleg­en. Pflegebedü­rftige profitiere­n:

Es werden 8000 zusätzlich­e Pflegestel­len geschaffen. Das ist allerdings nur ein Tropfen auf den heißen Stein, kritisiere­n Pflegeverb­ände.

Wirtschaft­sforscher loben den Vertrag. Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung (DIW): „Der Koalitions­vertrag ist ein gutes und ermutigend­es Signal. Die Absprachen zu Europa, Digitalisi­erung und Bildung sind die positivste­n Signale des Koalitions­vertrags.“

Städtetags­präsident Markus Lewe findet vor allem die Vereinbaru­ngen zum Wohnungsba­u und für mehr Bildungsin­vestitione­n gut. „Der Koalitions­vertrag enthält wichtige Impulse für den Wohnungsba­u, für In- vestitione­n in Schulen und kommunale Verkehrsin­frastruktu­r“, sagte er der „Rheinische­n Post“. „Wir brauchen in vielen Städten dringend mehr bezahlbare­n Wohnraum. Es ist deshalb gut, dass der Bund den sozialen Wohnungsba­u weiter fördert.“

Kritik kommt vor allem von den Arbeitgebe­rn. Arbeitgebe­rpräsident Ingo Kramer: „Der Vertrag ist geprägt von rückwärtsg­ewandter Umverteilu­ng und unverantwo­rtlicher Belastung der jungen Generation, ohne die internatio­nale Wettbewerb­sfähigkeit der deutschen Unternehme­n für die Zukunft abzusicher­n.“

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Die Bauindustr­ie erhofft sich von den zusätzlich geplanten Investitio­nen weiteren Schwung für die nächsten Jahre. Zwei Milliarden Euro sollen in den sozialen Wohnungsba­u fließen.

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