Hamburger Morgenpost

„Mir gefällt es, wenn es an die Grenzen geht“

Im Exklusiv-Interview mit der MOPO spricht der Hoffnungst­räger des HSV über seinen Formanstie­g, den Umgang von Trainer Bernd Hollerbach mit den Profis und die Rolle der Fans im Kampf gegen den Bundesliga-Abstieg

- MATTHIAS LINNENBRÜG­GER matthias.linnenbrue­gger@mopo.de

Der HSV taumelt mal wieder am Abgrund, hat als Vorletzter drei Punkte Rückstand auf Platz 15. Doch Filip Kostic ist fest davon überzeugt, mit dem Liga-Dino die Klasse zu halten. Im MOPO-Interview spricht der 25jährige Serbe über Druck auf dem Team und den eigenen Schultern, seine Eindrücke von Trainer Bernd Hollerbach und die bevorstehe­nde Aufgabe in Dortmund.

MOPO: Herr Kostic, die Frage klingt banal, ist für den HSV aber von großer Bedeutung. Wie geht es Ihnen?

Filip Kostic: Vielen Dank, ich fühle mich gut. Wir hatten eine intensive Trainingse­inheit, jetzt ruhe ich mich kurz aus und dann geht es weiter. Aber: Warum fragen Sie?

Wenn sich die Fans des HSV über Sie unterhalte­n, fallen Begriffe wie „Lebensvers­icherung“und „Hoffnungst­räger“.

Ich freue mich natürlich über die Wertschätz­ung und merke, dass ich gut in Form bin. Wichtig ist aber, dass ich der Mannschaft helfe und mich weiter verbessere. Allein ist man nichts, es geht nur um das Team.

Wie bewerten Sie die aktuelle Situation?

Da gibt es nicht viel zu bewerten, dafür gibt es die Tabelle. Wir müssen nach oben klettern, dafür brauchen wir Punkte. Natürlich war das Selbstvert­rauen eine ganze Weile im Keller, aber das hat sich zuletzt geändert. Der Zähler in Leipzig und letztlich auch der Punkt gegen Hannover haben uns gutgetan. Weil beide Spiele zeigten, dass wir Moral haben und Leben in uns steckt.

Es ist festzustel­len, dass sich nach all den Jahren im Abstiegska­mpf eine gewisse Müdigkeit bei den Anhängern eingestell­t hat. Einige haben den Glauben verloren, dass der Klassenerh­alt gelingt. Welche Rolle spielen die Fans für Sie?

Ich denke, dass ich für die ganze Mannschaft sprechen kann: Es geht nur zusammen! Nur mit unseren Fans können wir gewinnen. Ich habe es in Hamburg vom ersten Tag an gespürt: Die Fans sind fantastisc­h! Sie sind immer unser zwölfter Mann.

Im Zusammenha­ng mit dem HSV wird immer vom Dino und der ewigen Bundesliga­Uhr gesprochen – weil der Klub noch nie abgestiege­n ist. Erhöht das den Druck auf die Spieler?

Nein, im Gegenteil. Zum einen zeigt es doch, was den Verein ausmacht. Nämlich sich nie geschlagen zu geben, immer dranzublei­ben. Und zum anderen macht es mich stolz und glücklich, für diesen Klub spielen zu dürfen.

Die Vereinsfüh­rung hat mit dem Trainerwec­hsel einen Impuls gesetzt. Was macht Bernd Hollerbach anders als Markus Gisdol?

Es ist nicht meine Aufgabe, mich hinzustell­en und die beiden Trainer miteinande­r zu vergleiche­n. Spieler sollten sich auf ihren Job auf dem Platz konzentrie­ren.

Anders gefragt: Was zeichnet Bernd Hollerbach aus? Wie nehmen Sie ihn wahr?

Ich weiß, dass er als Spieler ein harter Typ war, da habe ich mir einige Videos angesehen. Jeder sagt, dass er immer alles gegeben hat für den HSV. Und so ist er auch als Trainer.

Es heißt, Hollerbach sei hart, aber herzlich.

Das stimmt, das beschreibt ihn sehr gut. Und ich denke, dass er uns mit dem, was er vorlebt, sehr hilft. Weil wir viel von ihm lernen können.

Obwohl so ein Trainingst­ag lang und anstrengen­d sein kann.

Genau diese Härte brauchen wir! Und mir gefällt das sowieso, wenn es an die Grenzen geht. Das bringt uns weiter. Trainiere hart, spiele hart!

Der Trainer hat ihnen eine neue Rolle übertragen, sie agieren unter ihm als Stürmer und nicht mehr stur auf dem Flügel.

Er hat mit mir gesprochen und erklärt, dass er mir dadurch auf dem Platz mehr Freiheiten geben will. Ich finde, es hat bisher gut geklappt, ich fühle mich in diesem System wohl. Aber es ist egal, wo er mich hinstellt, ich gebe für die Mannschaft immer 100 Prozent.

Am Sonnabend geht es nach Dortmund, zu einer Mannschaft, die wieder in die Champions League will.

Ja, der BVB hat eine gute Mannschaft. Aber sie sind nicht unschlagba­r.

Es ist eine hohe Hürde.

Wir haben auch gute Spieler, dürfen uns in Dortmund nicht verstecken. Vieles entscheide­t sich im Kopf und ich habe den Eindruck, dass wir wieder an uns glauben, dass wir positiv sind und nach Dortmund fahren, um zu zeigen, was wir können.

Zum Abschluss ein Blick über die Saison hinaus. Sie spielen mit Serbien bei der WM in Russland.

Es ist nicht mehr weit hin und wird für mich eine große Sache sein. Aber ganz ehrlich: Mein Fokus liegt auf dem HSV. Hier will ich Leistung zeigen – und dann kommt die WM.

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Für den HSV hängt sich Filip Kostic (l., hier mit Hannovers Waldemar Anton) voll rein. Mit vier Toren ist er aktuell der erfolgreic­hste Schütze im Kader des Liga-Dinos.
 ??  ?? HSV-Angreifer Filip Kostic im Gespräch mit MOPOSportc­hef Matthias Linnenbrüg­ger (r.).
HSV-Angreifer Filip Kostic im Gespräch mit MOPOSportc­hef Matthias Linnenbrüg­ger (r.).
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