„Ich liebe den Golden Pudel Club!“
Frontmann Alex Kapranos (45) über das neue Album und US-Präsident Trump
Die Schotten-Rocker Franz Ferdinand haben sich einer Frischzellenkur unterzogen! Ein neuer Look, ein euphorischer Sound, zwei neue Bandmitglieder und mit Philippe Zdar (u. a. The Rapture, Phoenix, Justice, Cassius) holten sie sich auch noch einen Spitzenmann an die Studioregler. Herausgekommen ist ihr fünftes Studioalbum „Always Ascending“, das sie am 1.3. in Hamburg vorstellen. Im MOPOInterview verrät Frontmann Alex Kapranos (45), warum er sich darauf freut.
MOPO: Mr. Kapranos, in Kürze spielen Sie Ihren Deutschland-Tourauftakt in Hamburg. Schon Lust? Alex Kapranos: Klar! Ich liebe Hamburg und habe nur die besten Erinnerungen daran. Speziell an den ersten Club, in dem ich noch vor der Gründung von Franz Ferdinand mit der Band The Karelia auftrat: dem „Golden Pudel Club“! Das ist einer meiner liebsten Veranstaltungsorte überhaupt! Ich hörte, dass es dort ein Feuer gegeben hat, aber dass der Club jetzt wieder offen ist. Ich hab echt Bock auf den „Golden Pudel Club“! Was gefällt Ihnen noch an Hamburg?
Für jemanden wie mich, der als Junge besessen war von den Beatles und immer davon träumte, die Geburtsstadt des britischen Rock’n’Roll in Deutschland zu besuchen, ist Hamburg immer noch inspirierend. Es hat mir wirklich etwas bedeutet, als ich das erste Mal die Wirkungsstätten der Beatles dort besuchte. Und die Stadt erinnert mich mit all ihren Kontrasten sehr an meine Heimatstadt Glasgow, die auch eine lange Industrieund Handels-Tradition hat. Es gibt allerdings ein Problem.
Welches?
Ich bin immer noch dabei, meinen Neujahrsvorsatz durchzuziehen. Eigentlich ist der seit fünf Jahren immer derselbe: Vom 1. Januar bis zu meinem Geburtstag am 20. März trinke ich keinen Alkohol. Auf der Deutschland-Tour wird das echt schwierig, weil ich ständig von trinkenden Männern umgeben bin. (lacht)
Es fühlt sich an, als wären Franz Ferdinand ewig weggewesen.
Ich selbst habe immer das Gefühl, dass wir ganz schön rastlos sind. Aber es stimmt schon, das letzte reguläre Franz-Ferdinand-Album liegt fünf Jahre zurück. Zwischenzeitlich mit Ron und Russell von den Sparks aufgenommen zu haben, war inspirierend und erfrischend zugleich. Es hat uns gezeigt, dass es möglich ist, mit anderen Leuten zusammenzuarbeiten und etwas Cooles und Überraschendes entstehen zu lassen. Das machte auch die einschneidenden Veränderungen in der Franz-Ferdinand-Besetzung einfacher. Gründungsmitglied Nick McCarthy, der das Publikum mit spaßigen deutschen Ansagen begeisterte, hat die Gruppe verlassen.
Ja, es ist schade, aber Nick wollte mehr Zeit für seine Familie haben. Und ja, er konnte in der Tat fließend Deutsch sprechen! Ich werde die Verantwortung dafür weiter an Paul (Thomson, Schlagzeuger von Franz Ferdinand; Anm. d. Red.) reichen – den Linguisten der Band. Ich fordere alle dazu auf, sein Vokabular auf der anstehenden Tour zu testen. Der Sound Ihres Albums ist geradezu euphorisch. Wollen Franz Ferdinand die bedrückende Stimmung in der Welt wegfeiern?
Das ist wohl so. Man kann gar nicht anders, als darauf zu reagieren, was momentan in der Welt geschieht. Da sind so viele depressive Dinge. Jedes Wahlergebnis der vergangenen zwei Jahre hat nichts als Verzweiflung und Uneinigkeit gebracht. Die einzige Wahl, die mir etwas Hoffnung gab, war die in Frankreich, als Le Pen nicht gewonnen hat. Lass uns mit dem Brexit gar nicht erst anfangen. Oder mit dem orangeroten Tycoon auf der anderen Seite des Atlantiks, der den Finger am Atomkriegsknopf hat. Es ist, als würden alle Albträume wahr werden. Mit dem Stück „Huck & Jim“üben Sie Kritik in der Richtung. Stimmt. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich mal einen Song über das britische National Health System schreiben würde. Aber das NHS hat mein Leben gerettet – vier oder fünf Mal sogar. Ich bin chronischer Asthmatiker. Als Kind wurde ich mehrmals mit dem Notarzt ins Krankenhaus gebracht. Ich habe viel Zeit im Hospital verbracht. Ein funktionierendes Gesundheitssystem ist Teil einer menschlichen Zivilisation. Ebenso gehört für mich dazu, sich um die Armen zu kümmern, damit sie Essen auf dem Tisch und ein Dach über dem Kopf haben. Und allen Menschen Bildung zu ermöglichen. Wenn man heutzutage nach Amerika blickt, scheint durch diesen einen Typen all das Erreichte in Gefahr zu sein. Er zerstört alles, was Obama verbessert hat diesbezüglich. Das war mir einen Song wert.
DAS INTERVIEW FÜHRTE KATJA SCHWEMMERS
Album: Franz Ferdinand „Always Ascending“(VÖ: 9.2., Domino Recordings) Mehr!-Theater am Großmarkt: 1.3., 20 Uhr, 43,50 Euro