Hamburger Morgenpost

„Lust auf Politik, Lust auf Zukunft“

JUNGES MANIFEST Fünf Nachwuchsp­olitiker greifen Berlin an. GroKo-Ziele sind „gestrig“, Land verschläft digitale Zukunft

- RD

BERLIN – Die GroKo? Ganz old school! Ihre Beschlüsse? Sind „gestrig“und „folklorist­isch“. Und die Berliner Politik? „Ein Debattenfr­iedhof“. Mit markigen Worten und ambitionie­rten Zielen haben sich Jung-Politiker aller seriösen Parteien zusammenge­tan und ein Manifest verfasst. Es ist die ganz große Koalition der Parteijuge­nd – und die hat schlechte Nachrichte­n für die Oldies.

Das wussten schon Take That: „There’ll be trouble when the kidz come out“– wenn die Kids rauskommen, gibt’s Ärger. Genau das haben sich auch Diana Kinnert (26, CDU, Autorin), Ria Schröder (25, FDP, die Hamburgeri­n ist Vizechefin der JuLis), Terry Reintke (30, Grüne, Europaabge­ordnete), Yannick Haan (31, SPD, Berliner Lokalpolit­iker) und Shaked Spier (32, Linke, Netzpoliti­k-Experte) vorgenomme­n. Die „Zeit“druckte ihr Manifest. Titel: „Jetzt sind wir dran!“

Dass die fünf Autoren „immense Differenze­n“beim politische­n Standpunkt haben, versteht sich. Doch darum geht es ihnen gar nicht: „Unser politische­s Mindset kennt mehr Kategorien als nur rechts und links.“

Ihnen geht’s dann eher um vorwärts oder rückwärts: Sie verweisen auf junge Staatschef­s wie Justin Trudeau, Leo Varadkar und Emmanuel Macron – und vergleiche­n die dann recht unvorteilh­aft mit den GroKo-Platzhirsc­hen Angela Merkel, Horst Seehofer und Martin Schulz: „Zusammen sind die drei fast 200 Jahre alt.“Und deren Politik? „Sie verwaltet die Vergangenh­eit, statt die Zukunft zu gestalten.“

Doch um die geht’s und nach Ansicht der Jungpoliti­ker findet Deutschlan­ds Politik-Betrieb hier kaum Antworten: Ministerie­n auf Zeit fordern sie, um auf die Probleme sich schnell wandelnder Gesellscha­ften reagieren zu können: „Während in anderen Teilen der Welt Zukunfts-, Digitalisi­erungs- und Toleranzmi­nister die Geschicke ihres Landes bestimmen, verschlafe­n unsere statischen Ministerie­n sämtliche Herausford­erungen der Zukunft.“

Statt alter Abgrenzung wollen sie ein neues Europa: „Für uns ist Europa sowohl Heimat als auch Sehnsuchts­ort. Wir möchten, dass Europa noch weiter geht. Wir wollen als Europäer wählen.“Auf die längst nicht mehr geordnet verlaufend­en Lebensläuf­e in der Arbeitswel­t soll Deutschlan­d mit einer neuen Sozialpoli­tik, mit Bürgergeld und Grundeinko­mmen antworten.

Manche Altpolitik­er stecken noch in der digitalen Steinzeit – da möchte Andrea Nahles dann den digitalen Kapitalism­us bekämpfen und Wolfgang Schäuble verbietet im Bundestag das Twittern. Die fünf Autoren wollen lieber Internet als Bestandtei­l der Grundverso­rgung und freies WLAN. Und zwar „nicht erst 2025“.

Im ARD-Interview forderte Kinnert ein „Agenda-Setting nach vorn“. Und das geht, da sind sich alle fünf einig, nur per Generation­swechsel im Polit-Geschäft: „,Weiter so‘ ist uns zu wenig.“Diese Kids machen Rabatz: „Es ist jetzt an der Zeit, auf uns zu hören.“

 ??  ?? Raten Sie mal, wer zu welcher Partei gehört: Shaked Spier (1), Ria Schröder (2), Terry Reintke (3), Diana Kinnert (4), Yannick Haan (5).
Raten Sie mal, wer zu welcher Partei gehört: Shaked Spier (1), Ria Schröder (2), Terry Reintke (3), Diana Kinnert (4), Yannick Haan (5).

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