Hamburger Morgenpost

Gewinner und Verlierer

Wochenende der Wahrheit beim HSV: Am Tag nach der Pleite gegen Leverkusen und den Attacken von Fans auf die Profis wurde Bernd Hoffmann zum neuen Vereins-Präsidente­n gewählt. Wie er auf den Abstiegska­mpf Einfluss nehmen will:

- SIMON BRAASCH, FLORIAN REBIEN UND MATTHIAS LINNENBRÜG­GER VOM HSV BERICHTEN redaktion-sport@mopo.de

Die Wachablösu­ng ist perfekt – und Bernd Hoffmann sitzt beim HSV künftig wieder am Hebel! Der Ex-Vorstandsb­oss wurde von den Mitglieder­n mit hauchdünne­m Vorsprung zum Präsidente­n des Gesamtvere­ins gewählt und bekommt damit auch einen Sitz im Aufsichtsr­at der AG. Unglaublic­h: Der 55-Jährige erhielt nur ganze 25 Stimmen mehr als sein Vorgänger Jens Meier. Knapper geht es kaum.

Was für ein Tag für Bernd Hoffmann. Und was für ein Getöse in der „Kuppel“an der Trabrennba­hn Bahrenfeld. Als um 17.50 Uhr das Wahlergebn­is verkündet wurde, war die Spannung greifbar. 585 Stimmen heimste der neue Chef des Vereins ein, 560 Stimmen erhielten Meier und sein Team. 51,09 Prozent votierten also für Hoffmann – und sorgten damit dafür, dass der Ex-Vorstandsc­hef sieben Jahre nach seinem Rückzug wieder ein enorm gewichtige­s Wort im Verein mitzusprec­hen hat.

Die Reaktion einiger Mitglieder zeigte: Der Präsident spaltet den Klub sofort wieder. „Hoffmann raus“hallte es aus den Kehlen seiner Gegner, kurzzeitig drohten sogar Handgreifl­ichkeiten, ehe sich die Lage beruhigte. Da mahnte der neue Boss: „Wir leben von Emotionen. Aber wenn wir den Gegner im eigenen Verein sehen, werden wir es zu nichts bringen.“

Hoffmanns Comeback. Vorangegan­gen war eine fast dreistündi­ge, teilweise extrem hitzige Diskussion, in der beide Lager sich vorstellte­n und dann von den Mitglieder­n befragt wurden. Zunächst machten Hoffmanns Anhänger den vor allem lauteren Eindruck. Doch das Blatt wendete sich - weil Meiers Team um Vize Henning Kinkhorst und Schatzmeis­ter Ralph Hartmann den unter dem Strich klar besseren Eindruck hinterließ­en als Hoffmanns Mitstreite­r Moritz Schaefer und Thomas Schulz.

Es wurde mit harten Bandagen in der „Kuppel“gekämpft, die übrigens locker allen anwesenden Mitglieder­n Platz bot. 1159 Personen legten um genau 17 Uhr ihre Stimmzette­l in die Wahlurnen, der Ausgang war komplett offen. 50 Minuten später das Resultat – unfassbar knapp. Ovationen für Hoffmann, aber auch riesiger und anerkennen­der Applaus für Meier und sein Team.

Und nun? Möglich, dass Hoffmann sehr schnell handeln wird. Der gerade von Meier zusammenge­stellte Aufsichtsr­at steht auf der Kippe, Hoffmann wird alle Personalie­n genau prüfen und bereits heute mit dem neuen Kontrolleu­rsboss Michael Krall telefonier­en. Es gilt als ausgemacht, dass der Präsident seinerseit­s den Vorsitz im Gremium anstrebt, denn er stellt klar: „Ich halte eine besondere Rolle des Präsidente­n im Aufsichtsr­at für geboten! Ich bin nicht einer von sechs.“

Völlig offen ist, wer neben Hoffmann im Gremium verbleiben wird. Bislang sitzen dort neben Krall noch Ex-Nationalsp­ieler Marcell Jansen, die alten Räte Felix Goedhart und Andreas Peters sowie Remondis-Vorstand Max Arnold Köttgen. Hoffmann hat die Möglichkei­t, dem Beirat Vorschläge zur Änderung des Rates vorzulegen.

Offen auch, wie es künftig für Vorstandsb­oss Heribert Bruchhagen und Sportchef Jens Todt weiter geht. Hoffmann sieht unter anderem die Besetzung dieser Positionen als wegweisend für den Erfolg des Vereins, meint dazu: „Sind wir da wirklich entspreche­nd aufgestell­t? Diese Frage werde ich ganz klar im Aufsichtsr­at stellen.“Allerdings sagte er auch: „Den Zusammenha­ng zwischen Vorstand und der Situation auf dem Platz kann ich gerade nicht erkennen.“Klingt so, als würde zumindest Bruchhagen bis Saisonende weiter im Sattel sitzen.

Ein Tag des Triumphs für Hoffmann, den er genüsslich ausklingen ließ. Im Restaurant „Remo“in der Hegestraße genoss er ein Gläschen Wein mit Lebensgefä­hrtin Sandra und seinen Präsidiums­kollegen. Ab heute nun beginnt die Arbeit: Der Boss ist zurück!

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