Polen erpresst die Europäische Union
Juncker warnt vor Spaltung. Macron droht mit Geldentzug
BERLIN – Es gibt Zoff in der Union – Angela Merkel und Emmanuel Macron spielten gestern „good cop, bad cop“im Streit mit den Polen um die Vergabe von EU-Geldern. Der Franzose warnte: Ohne Einlenken Warschaus werden die Hilfen gekürzt. Und die Deutsche baute Brücken: Europäische Regionen, die besonders viele Flüchtlinge aufgenommen haben, benötigten besondere Unterstützung. Was Polen und Ungarn entgegenkommt: Flüchtlinge nehmen beide Länder nicht auf.
Vor dem gestrigen EU-Sondergipfel hatte der polnische Europaminister Konrad Szymański noch gepoltert: Man dürfe die Vergabe von EUGeldern nicht an die Aufnahme von Flüchtlingen koppeln. „Wer immer ein solches politisches Manöver plant, dem kann ich nur sagen: Das wäre ein Fehler“, sagte Szymański der „Welt“. Polen werde eine Umverteilung nach Quoten auf keinen Fall akzeptieren. Sollte dies per Mehrheitsbeschluss entschieden werden, werde dies „zu einer echten politischen Krise mit weitreichenden Folgen für die Einheit der Union führen“.
Hintergrund: Durch den Austritt der Briten fehlen pro Jahr bis zu 14 Milliarden Euro im EU-Haushalt. Kommissionschef Juncker zeigte sich besorgt über eine drohende Spaltung zwischen Ost und West in der Haushaltsfrage.
Kanzlerin Merkel war gestern auf Kompromisssuche. So schlimm sei der Streit doch gar nicht: Man könne den Einsatz von Ländern und Regionen für Flüchtlinge bei den EU-Finanzen doch künftig auch positiv berücksichtigen. Es gebe Länder, die in erheblichem Ausmaß im Umgang mit Flüchtlingen beschäftigt seien. „Das zieht finanzielle Notwendigkeiten nach sich“, so Merkel.
Für Polen und Ungarn ist das ein Entgegenkommen: Die beiden von extrem rechten Parteien regierten Staaten wollen überhaupt keine Flüchtlinge aufnehmen. Polen steht zudem im Kreuzfeuer der EU-Kritik, weil die Regierung die Unabhängigkeit der Justiz einschränkt.
Was Frankreichs Präsidenten wütend macht: Wer sich nicht an rechtsstaatliche Prinzipien halte, müsse mit Entzug von EU-Geldern bestraft werden – die EU könnte künftig bei undemokratischen Alleingängen einzelner Staaten den Geldhahn zudrehen.
Auch in Deutschland nimmt die Geduld mit dem Nachbarn rapide ab. „Polen will unser Geld, keine Flüchtlinge und schickt seine Obdachlosen. So geht Europa nicht“, twitterte etwa der SPD-Politiker Karl Lauterbach. MAINZ – 67 Prozent der Deutschen sind laut ZDF-Politbarometer dafür, dass Sigmar Gabriel Außenminister bleibt. Bei den SPD-Anhängern sind es sogar 77 Prozent. 66 Prozent der SPDAnhänger sind für die Große Koalition. In der Sonntagsfrage fiel die SPD um zwei Punkte auf 17 Prozent, während die Union auf 33 Prozent kommt (+2).