Wie haltet ihr das
EISESKÄLTE Hamburgs Obdachlose frieren bei Minusgraden. Aber die Behörde will Unterkünfte erst dann tagsüber öffnen, wenn das Wetter „extrem“wird
Es wird klirrend kalt. In den nächsten Tagen sollen die Temperaturen auf zehn Grad minus fallen. Wie halten das nur die Obdachlosen aus, die bei dieser Bibberkälte in den Eingängen von Saturn und Co. schlafen? Besonders am Wochenende, wo die meisten Tageseinrichtungen geschlossen sind. Die Sozialbehörde bleibt hart. Sie will das Winternotprogramm vorerst nicht tagsüber öffnen.
Zwei Pullover, zwei dicke Jacken und Thermo-Hose. So sitzt Markus Nieszeri (32) vor Saturn an der Mönckebergstraße. Seit 13 Jahren lebt er auf der Straße. „Wenn es mir zu kalt oder zu windig ist, gehe ich einfach kurz in den Tunnel zum Hauptbahnhof.“Er bleibt auch nachts draußen, schläft in zwei Schlafsäcke gehüllt.
Dabei könnte er auch ins Winternotprogramm der Stadt gehen, das an zwei Standorten in der City 760 Übernachtungsplätze anbietet. „Da gibt es zu viele Konflikte.“Sein Kollege Udo Petsch (54) hingegen schläft dort regelmäßig. Er sagt: „Wenn es tagsüber geöffnet wäre, würde ich das auch nutzen.“
Doch die Obdachlosen müssen die beiden Einrichtungen morgens spätestens um 9.30 Uhr verlassen und werden erst um 17 Uhr wieder eingelassen. Bei Temperaturen um minus fünf Grad, wie sie Sonntag auch tagsüber erwartet werden, ein hartes Los. Gerade auch für die Kranken und Gehbehinderten unter ihnen. Besonders da am Wochenende fast alle Aufenthaltsstätten, in denen sich Obdachlose aufwärmen und etwas essen können, geschlossen sind.
Um die Sozialbehörde zu bewegen, das Winternotprogramm auch tagsüber zu öffnen, haben der ehemalige Obdachlose Jörg Petersen und das Straßenmagazin „Hinz&Kunzt“eine Petition gestartet. Mittlerweile unterstützen sie knapp 102000 Menschen. Auch die Linke unterstützt die Forderung. Cansu Özdemir, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion: „Bei der Kälte besteht Gefahr für Leib und Leben. Das kann der Senat nicht einfach ignorieren.“