Hamburger Morgenpost

Seit Jahren: Saga lässt Wohnungen leerstehen

Seit 2013 verfällt das Wohnhaus des städtische­n Konzerns

- STEPHANIE LAMPRECHT stephanie.lamprecht@mopo.de

Mitten in Altona-Altstadt, in Sichtweite der Wohnung von Olaf Scholz, stehen seit Jahren acht Wohnungen leer. Das Gründerzei­thaus in Traumlage gehört der städtische­n Wohnungsge­sellschaft Saga. Die früheren Mieter mussten in teurere Wohnungen umziehen – für eine Sanierung, die bisher nicht stattfand.

„Städtisch und fürsorglic­h war das nicht, was mit uns gemacht wurde“, erklärt eine frühere Bewohnerin des Hauses Schillerst­raße 16. Bis 2014 hat sie in dem Haus mit der hübschen Gründerzei­tfassade gewohnt, schräg gegenüber vom Bürgermeis­ter. Die Mutter von zwei Kindern spricht von „Druck“, der auf die Bewohner ausgeübt wurde, seit die Saga 2012 die Sanierung des denkmalges­chützten Hauses angekündig­t hatte. So hat die Saga etwa – erfolglos – versucht, die Wohnungen beim Bezirksamt Altona für „unbewohnba­r“erklären zu lassen.

Andree Wenzel, ihr einstiger Nachbar, nennt das Vorgehen des städtische­n Vermieters „skandalös“: „Die haben das Haus entmietet und lassen es jetzt verfallen.“Gestern, bei minus acht Grad, stand ein Fenster im ersten Stock offen.

Einige Wohnungen stehen seit 2013 leer. Im Januar 2015 waren sieben Familien ausgezogen, die letzte Mieterin strich 2016 die Segel. Anschließe­nd wurde die Heizung herausgeri­ssen und einige Decken geöffnet. Sonst passierte – nichts. Wie kann das sein?

Das städtische Unternehme­n schiebt den Schwarzen Peter dem Bezirksamt Altona zu: „Die Saga-Unternehme­nsgruppe hat am 4. Dezember 2015 einen Antrag für die Baugenehmi­gung eingereich­t“, erklärt Saga-Sprecher Gunnar Gläser, „eine endgültige Baugenehmi­gung erhielt das Unternehme­n erst am 9. Februar 2018.“Das Bezirksamt konnte die lange Bearbeitun­g gestern noch nicht erklären.

Das Wohnen an der Schillerst­raße war günstig: 760 Euro warm für 85 Quadratmet­er mit Zugang zum Garten – ein Traum. „Die Wohnung, die die Saga uns als Ersatz geboten hat, kostet uns jeden Monat 400 Euro mehr“, erklärt die frühere Bewohnerin. Die Wohnungen waren in Ordnung: „Wenn wir kleinere Reparature­n, etwa im Treppenhau­s, forderten, wurden wir abgewimmel­t – und plötzlich tat die Saga so, als stünde das Haus vor dem Zusammenbr­uch.“

Jurist Marc Meyer von „Mieter helfen Mietern“, der die Bewohner 2013 im Streit mit der Saga vertreten hat, ist entsetzt: „Es ist unter sozialen und rechtliche­n Aspekten unerträgli­ch, dass das städtische Wohnungsun­ternehmen ein gut funktionie­rendes Mietshaus entmietet und jahrelang leerstehen lässt.“

Ursprüngli­ch sollten die Bauarbeite­n Ende 2014 fertig sein. Neuer Termin: Baubeginn frühestens Oktober 2018. Bezugsfert­ig wären die Wohnungen ein Jahr später.

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Wohnte bis 2014 in der Schillerst­raße 16: Andree Wenzel (54). Er ist empört, dass das Haus im Saga-Besitz langsam verfällt.
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