Gölfchen oder Golf-Ersatz? Alle in einem Auto: So geht Mitfahren richtig
Der neue VW Polo ist der Kleinwagenklasse entwachsen und leistet sich kaum Schwächen. Eine Klasse höher muss nur fahren, wem starke Motoren wichtig sind Fahrgemeinschaften zur Arbeit entlasten Geldbeutel und Umwelt
Vergleiche mit dem Golf nerven mitunter, doch beim VW Polo dienen sie der Veranschaulichung: Generation Nummer sechs des Kleinwagens aus Wolfsburg ist 4,05 Meter lang. Damit ist er 35 Zentimeter länger als der erste Golf von 1974 und übertrifft immerhin noch um 3 Zentimeter auch den Golf III, der bis 1997 gebaut wurde. Auch wichtig: Der Polo überspringt erstmals die Vier-Meter-Marke wie vor ihm Opel Corsa und Ford Fiesta und fährt damit eigentlich in der Kompaktklasse. Dürfen eingefleischte Golf-Fahrer nun ohne Abstriche umsatteln und mit dem Verzicht auf den Golf-Schriftzug auch noch einige tausend Euro sparen?
Auch der Golf ist gewachsen, bietet mehr Platz, die größere Motorenpalette und auch mehr Auswahl bei den Assistenzsystemen, so sind zum Beispiel Spurhalteoder Fernlichtassistent Golf-Kunden vorbehalten. Doch geht es etwa um den puren Fahrspaß, sieht es schon anders aus. Denn hier hat der Polo mit seinem sieben Zentimeter kürzeren Radstand einen Vorzug in Sachen Agilität. Das Handling des Polos, der als eines der letzten Modelle bei VW auf den Modularen Querbaukasten (MQB) gewechselt ist, kann nicht anders als mit vorzüglich bezeichnet werden.
In Verbindung mit der präzisen Lenkung verspricht es Kurvenfahrten fast wie auf Schienen, das Auto neigt sich dabei kaum zur Seite – eine Eigenschaft, die das oft zitierte „Brett“Gefühl erzeugt. Straff, ja, aber das Fahrwerk ist dabei nicht holprig geraten, dazu sind Federn und Dämpfer zu gut abgestimmt. Adaptiv funktionieren diese sogar, wenn man das optionale Sportfahrwerk bestellt. Auch dringen Abrollgeräusche dank guter Dämmung kaum in den Innenraum, wenn es der Polo souverän mit Fahrbahnunebenheiten aufnimmt.
Kaum zu hören ist auch der Dreizylinder. Im Polo ist auch von der Motorakustik auf den bequemen und gut ausgeformten Sitzen kaum etwas zu vernehmen – es sei denn, man nötigt das dank Turboaufladung 95 PS aufbringende Motörchen zu Höchstleistungen im hohen Drehzahlbereich.
Aber man muss den gefahrenen 95-PS-Polo gar nicht treten, um das Gefühl einer ausreichenden Motorisierung zu bekommen. In Verbindung mit den klar definierten Schaltwegen des gut abgestuften Fünfgang-Getriebes kommt fast schon Spritzigkeit auf, obwohl die Fahrleistungen auf dem Blatt gar nicht so beeindrucken.
Und was hat sich im Innenraum getan? Auch hier ist der Polo erwachsener geworden. Will heißen: Seine Einsortierung als Kleinwagen sieht man ihm kaum noch an. Zwar sind die Materialien teils kratzempfindlich, und das Armaturenbrett ist in der Basisversion wie die Türverkleidung aus Hartplastik. Doch das Dashboard ist in höheren Ausstattungsvarianten aufgeschäumt und unter-
streicht den insgesamt gefälligen und sogar eleganten Eindruck, der vor allem vom neuen 8-Zoll-Bildschirm getragen wird, der sich in die Landschaft dank einer breit gestreckten Glasabdeckung wie aus einem Guss einfügt.
Die Bedienung gelingt insgesamt intuitiv, Schalter und Touchflächen geben angemessene Rückmeldung. Wer Aufpreis zahlt, bekommt im Kleinwagen sogar ein digitales Kombiinstrument. Smartphones lassen sich dank Apple CarPlay, Mirrorlink und Android Auto ins Infotainment einbinden. Ist das Telefon dafür ausgelegt, kann es in einer Schale induktiv geladen werden.
Dass er der Jugend entwachsen ist, merkt man auch am Platzangebot. Die Sitzbank im Fond ist für zwei Erwachsene bequem genug, Kopf- und Beinfreiheit sind genügend, da ist der Golf auch nicht viel besser. Das gilt für den Kofferraum nur eingeschränkt. Dessen Volumen ist zwar auf 351 Liter angewachsen und damit so groß wie im bis 2008 gebauten Golf V, aber 30 Liter kleiner als beim aktuellen Kompakten. Und doch gilt: Auch ein langstreckentaugliches Familienauto ist der Golf nur in der Kombi-Variante, die der nur noch als Fünftürer gebaute Polo nicht aufbietet. Für alle anderen Anwendungsfälle könnte man doch ganz schon ins Grübeln kommen.
Technische Daten des VW Polo, der uns zur Verfügung gestellt wurde: Dreizylinder-Benziner mit 95 PS, 5-Gang-Handschalter, Hubraum: 999 cmm, Abmessungen: Länge/Breite/Höhe/Radstand: 4,05 cm/1,75 cm/1,46 cm. Kofferraum: 251 - 1125 l , Fahrleistungen: Höchstgeschwindigkeit: 187 km/h; Beschleunigung von 0 auf 100: 10,8 sek, Normverbrauch: 4,4 Super, CO2 Ausstoß: 101 g/km, Preis: ab 17.200 Euro Eine Fahrgemeinschaft zur Arbeit spart Zeit, Geld und schont die Umwelt. „Wenn statt nur einer Person mehrere Menschen in einem Fahrzeug sitzen, reduziert das die Emissionen und den Energieverbrauch pro Person entsprechend“, sagt Karin Dziekan vom Umweltbundesamt.
Sogar bei der Einkommensteuererklärung stellt eine Fahrgemeinschaft kein Hindernis dar. Ob man selber fährt oder Beifahrer ist: „Angesetzt werden kann die Entfernungspauschale von 0,30 Euro pro Entfernungskilometer“, sagt Herbert Engelmohr vom Automobilclub von Deutschland (AvD). Beachten müssen reine Mitfahrer dabei aber die Obergrenze von 4500 Euro pro Jahr, die sie maximal geltend machen können, wie die Vereinigte Lohnsteuerhilfe informiert. Fahrer, die einen eigenen Wagen nutzen, unterliegen ihr nicht. Bei sich abwechselnden Fahrern ist entsprechend ein wenig Rechnerei nötig.
Für sich sprechen die praktischen Vorteile: Die Parkplatzsuche ist zu fünft mit einem Auto weniger lästig, und am Zielort werden weniger Stellplätze benötigt. Am einfachsten ist es natürlich, wenn man sich mit bereits bekannten Kollegen zusammenschließt. Doch was, wenn man neu in der Firma oder der Stadt ist und noch niemanden richtig kennt? Entweder per Aushang am Schwarzen Brett. Viel verbreiteter ist es heute aber, Gesuche in sozialen Netzwerken einzustellen. Darüber hinaus gibt es Mitfahrzentralen, an die man sich wenden kann.
Darüber hinaus weist Engelmohr auf Projekte hin, die von Anbietern des öffentlichen Personennahverkehrs betrieben und zum Teil öffentlich gefördert würden. Einige wenden sich gezielt an Pendler. Dazu zählt Pendlerportal.com. Es finanziert sich über seine Partnerbetriebe wie Bundesländer, Gemeinden, Landkreise oder Verkehrsverbu nde. Die Nutzung für angemeldete Pendler ist kostenlos.
Wer eine Gemeinschaft gefunden hat, sollte vor der ersten Fahrt ein paar Dinge klären. Treffpunkte und Uhrzeiten müssen festgelegt und eingehalten werden. „Gerade wer regelmäßig zu seinem Arbeitsplatz und zurück pendeln will, sollte sich mit seinen Mitfahrern genau über die Details absprechen und diese vorab im Zweifel schriftlich niederlegen“, sagt Engelmohr. „Vor allem die finanziellen Punkte sowie wer wann sein Fahrzeug zur Verfügung stellt.“
Es müssen aber nicht zwingend unterschriebene Vereinbarungen abgeschlossen werden. Im Hinblick auf das Finanzielle lautet Engelmohrs Faustregel, die vom Einzelfall, der Regelmäßigkeit der Fahrten und der Anzahl der Mitfahrer abhängt: „Das Gesamtentgelt, welches die Mitfahrer zahlen, sollte die Betriebskosten der Fahrt nicht übersteigen.“Betriebskosten sind vor allem Treibstoff, Öl sowie die Abnutzung der Reifen.
Ansonsten noch wichtig: Die Haftpflichtversicherung entschädigt etwaige Unfallopfer einschließlich der Mitfahrer des Unfallfahrers bis zur vereinbarten Mindestversicherungssumme. „Ob Sie nun Freunde, Verwandte oder Arbeitskollegen mitnehmen - da macht die Haftpflichtversicherung keinen Unterschied“, sagt Zunk. Gegenstände wie Brillen, Kleidung oder Laptops werden bei Beschädigung aber nicht von einer Versicherung des Verursachers ersetzt.