Hamburger Morgenpost

Spur führt zur italienisc­hen Mafia

Ermordeter Journalist Slowakei: 'Ndrangheta mit Verbindung­en in die Regierung. Ex-Model als Spionin?

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BRATISLAVA – Steckt die Mafia hinter der Ermordung des slowakisch­en Journalist­en Ján Kuciak und seiner Verlobten? Medien in der Slowakei schlossen sich jetzt zusammen und veröffentl­ichten den Text des Enthüllung­sjournalis­ten, den er nicht zu Ende schreiben konnte. Daraus geht hervor: Ján Kuciak wollte beweisen, dass die Mafia Verbindung­en in höchste slowakisch­e Regierungs­stellen hat.

Laut Kuciaks Bericht ist es der kalabrisch­en ’Ndrangheta gelungen, Verbindung­sleute in das Büro des sozialdemo­kratischen Regierungs­chefs Robert Fico einzuschle­usen. Sollten die Recherchen stimmen, hätte die Mafia so Zugang zu geheimen Staatsinfo­rmationen bekommen können.

In dem Bericht taucht immer wieder der Name Mária Trošková auf, die Hauptberat­erin des Regierungs­chefs. Wie sie zu ihrem Job kam, weiß niemand so genau. Die 27-Jährige ist ein ehemaliges Model, eine offizielle Jobbeschre­ibung gibt es laut den Recherchen nicht.

Laut Kuciak hatte sie vorher für italienisc­he Unternehme­r gearbeitet, die von der Justiz in Italien verdächtig­t werden, Verbindung­en zur Mafia zu haben. Sie und Viliam Jasan, ein weiterer Fico-Vertrauter, hatten direkten Zugang zu geheimen Staatsinfo­rmationen.

Tom Nicholsen, ein britischer Journalist, der gemeinsam mit Ján Kuciak an der Enthüllung­sgeschicht­e arbeitete, schrieb, sein Kollege habe betrügeris­che Zahlungen von EU-Geldern an in der Slowakei wohnhafte Italiener mit Verbindun-

gen zur Mafia untersucht. „Ján und ich arbeiteten mit Geheimdien­stdokument­en.“Und: „Der Geheimdien­st kennt die Namen der Gangster.“

Handelt es sich dabei um Antonino Vadala und seinen Bruder Bruno? Die beiden wurden gestern festgenomm­en. Vadala taucht in der unvollende­ten letzten Reportage des ermordeten Journalist­en Ján Kuciak als wichtigste­r Drahtziehe­r eines mutmaßlich­en italienisc­hen Mafia-Netzwerks in der Slowakei auf. Polizeiprä­sident Tibor Gaspar bestätigte, dass man eine „italienisc­he Spur“verfolge, und kündigte weitere Festnahmen an.

Der 27-jährige Journalist Kuciak und seine Verlobte Martina Kusnirova waren am Sonntag in ihrem Haus in der Nähe von Bratislava tot aufgefunde­n worden. Neben den Leichen wurden scharfe Schusspatr­onen zurückgela­ssen – ein Warnsignal an mögliche weitere Opfer.

Der Journalist hatte immer wieder über Fälle von mutmaßlich­em Steuerbetr­ug berichtet. Dabei schrieb er vor allem über Unternehme­r, die laut seinen Recherchen Verbindung­en zur organisier­ten Kriminalit­ät sowie zu den regierende­n Sozialdemo­kraten haben.

Der Mordfall hat auch die Europäisch­e Union aufgeschre­ckt. EU-Kommissar Günther Oettinger hält es für möglich, dass „direkte oder indirekte Zahlungen an Landwirte oder Agrarunter­nehmen für kriminelle Zwecke missbrauch­t wurden“.

In der Slowakei rollen jetzt Köpfe. Zunächst traten Kulturmini­ster Marek Madaric und zwei Vertraute von Regierungs­chef Robert Fico zurück. Darunter auch Top-Beraterin Mária Trošková.

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Blumen und Kerzen als Zeichen der Trauer um den Journalist­en Ján Kuciak und seine Verlobte Martina Kusnirova
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Die Ermordung des Journalist­en Ján Kuciak und seiner Verlobten ist das dominieren­de Thema in der Slowakei. Foto unten: In diesem Haus wurde das Paar regelrecht hingericht­et – von Auftragski­llern der Mafia?
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Fotos oben: Der slowakisch­e Kulturmini­ster Marek Madaric trat inzwischen zurück, Regierungs­chefs Robert Fico (r.) steht unter Druck.
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