Auf den Straßen von Hamburg
Womit hab ich das verdient, jetzt hier im Warmen und Trockenen zu sein, während noch so viele draußen sind? Dieser Gedanke hat mich gelähmt wie die Kälte. Ich will etwas für diese Menschen tun, ich will sie von der Straße holen. Ich möchte etwas verändern. Ich weiß, dass das nicht von heute auf morgen geht. Aber es ist Zeit, damit anzufangen. Die Stadt hat zumindest die Öffnungszeiten des Winternotprogramms verlängert. Das Angebot wird aber kaum genutzt. Das zeigt mir, dass wir nicht darüber diskutieren müssen, ob das Winternotprogramm ganztägig geöffnet wird, sondern wie dieses Programm verbessert werden kann. Ein reiner Erfrierungsschutz reicht eben nicht mehr aus.
Während sich bei der Stadt nur sehr langsam etwas bewegt, sind die Menschen dieser Stadt in Bewegung. Die Diakonie hat einen Aufruf an die Bürger veröffentlicht, auf ihre Mitmenschen zu achten und mit offenen Augen durch die Stadt zu gehen. Wenn jemand unmittelbar in Gefahr ist, den Notruf 112 wählen. Lassen wir niemanden links liegen. Die Boxer der Hamburg Giants öffneten ihre Halle, um Menschen dort übernachten zu lassen. Da trainieren bestimmt Jungs, bei denen manche vor Angst die Straßenseite wechseln würden. Der FC St. Pauli hilft aus und macht seine Fanräume über das Wochenende auf. Ich sehe die ObdachlosenInitiativen und privat organisierten Gruppen, die sich mit Bollerwagen, Einkaufswagen, mit Taschen und Rucksäcken beladen auf den Weg machen, um Not zu lindern. Es gibt dann Menschen, die sich in der eisigen Kälte direkt ausziehen, weil sie so dringend frische Klamotten brauchen.
Das alles ist unfassbar schön. Hamburg zeigt mir wieder, was wir gemeinsam anpacken können. Manchmal bin ich müde vom Helfen. Diese Geschichten geben mir wieder Glauben und motivieren mich weiterzumachen. Ich erzähle fast täglich, wie die kleinsten Dinge Hoffnung spenden können. Ein Lächeln, ein freundliches Wort. Manchmal vergesse ich das, weil die Aufgabe so groß ist. Aber dann erinnert mich Hamburg daran. Jede Kleinigkeit zählt. Danke.