Der deutsche Amtsschimmel schlägt zu
Puigdemont-Festnahme
Da wiehert der Amtsschimmel: Ausgerechnet Deutschland nimmt Carles Puigdemont, den politisch verfolgten Ex-Präsidenten der Region Katalonien, fest. Die dienstbeflissenen Polizisten in SchleswigHolstein stürzen die Bundesregierung so in große Verlegenheit. In Berlin ist jedem klar, dass der spanische Haftbefehl wegen „Rebellion“eine Farce ist. Ein übler Missbrauch des europäischen Fahndungssystems, das auch die türkische Regierung schon benutzt hat, um Gegner des undemokratischen Erdogan-Regimes zu jagen. In Belgien, Finnland, Schweden und Dänemark hat man das erkannt und beide Augen zugedrückt, um sich nicht zum Helfershelfer der Rachsucht von Mariano Rajoy machen zu lassen. Was nun? Ausliefern – das werden Millionen Katalanen so schnell nicht vergeben. Freilassen – das gibt Ärger mit Rajoy. Aber der ist unausweichlich. Gerade die Freunde Spaniens sollten der undemokratischen Borniertheit Rajoys, der jede Lösung blockiert, nicht noch Vorschub leisten.
Ausgerechnet Deutschland: Das schleswig-holsteinische Landeskriminalamt hat gestern gegen 11.20 Uhr den früheren katalanischen Regierungschef Carles Puigdemont (55) festgenommen. Er wurde auf der Autobahn A 7 auf der Raststätte Schleswig-Schuby gefasst. Grundlage war ein europäischer Haftbefehl, den die spanische Justiz beantragt hat. Die Spanier sollen das Bundeskriminalamt eingeschaltet haben.
Der Politiker wurde in die Justizvollzugsanstalt Neumünster gebracht. Schleswig-Holsteins Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) lobte die Polizei für den erfolgreichen Zugriff. Wie die „Kieler Nachrichten“aus Justizkreisen erfuhren, überlegt der Separatistenführer, jetzt einen Asylantrag in Deutschland zu stellen. Allerdings stünden die Chancen nicht gut: „Strafverfolgung hat Vorrang vor einem Asylverfahren“, so ein Sprecher.
Puigdemont war im Oktober nach Belgien geflohen und blieb im Exil trotz Haftbefehl unbehelligt. Am Freitag hielt der Katalane eine Rede an der Uni Helsinki. Gleichzeitig reaktivierte Spanien den ausgesetzten Haftbefehl und beantragte in Finnland die Auslieferung. Doch Puigdemont konnte sich rechtzeitig absetzen.
Die Bundesregierung meldete sich erst einmal nicht zu Wort. Eine Auslieferung wegen Rebellion schließt der erfahrene Jurist und FDP-Vize Wolfgang Kubicki aus. Das sei in Deutschland kein Straftatbestand.