Hamburger Morgenpost

Weltraum-Training für den All-Tag

Physiother­apeutin bietet Spezial-Übung bei Rückenleid­en an. Medizin-Experten sind skeptisch

- Von ROXANNA KAUFMANN

Ihr Körper dreht sich. Alix von Reibnitz steht zwischen drei Stahlringe­n, die um sie herum kreisen. Scheinbar mühelos rotiert sie in alle Richtungen. Was wie ein Training für eine Weltraum-Mission aussieht, macht die 52-Jährige für ihre Gesundheit. Die freiberufl­iche Übersetzer­in leidet unter einem krummen Rücken. Ihr Lichtblick: der Spacecurl.

Ein heller Raum in der Sierichstr­aße 118. Hier hat Nina Westphal ihre Praxis. Die 45-Jährige ist Sportwisse­nschaftler­in. Von Reibnitz ist eine ihrer sechs Patienten, die im Spacecurl trainieren. Westphal: „Viele Menschen stehen nicht aufrecht oder sitzen krumm. Der Spacecurl stärkt die komplette Muskulatur im Körper und sorgt für eine bessere Haltung.“Der Patient leite die Bewegungen mit den Füßen ein, erklärt sie. Dabei müsse er stabil stehen, dürfe den Körper nicht verdrehen.

Entwickelt wurde das Gerät von Uwe Gefeller, einem Physiother­apeuten aus Wittlich. Nach einem Schlaganfa­ll suchte er eine Therapie, um wieder gesund zu werden. In einem ähnlichen Gerät trainieren Astronaute­n vor ihrem Flug ins All. Der 73-Jährige leitete daraus eine Trainingsm­öglichkeit zur Verbesseru­ng der Rumpfmusku­latur ab.

Seit etwa zwei Jahren ist Westphal nun die Einzige in Hamburg, die das „All“-Training anbietet. Alix von Reibnitz dreht zwei Mal pro Woche bei ihr ihre Runden. Die ausgebilde­te Wirtschaft­sprüferin trainiert immer morgens, um fitter ins Büro zu gehen. Sie sagt: „Es macht einfach Spaß und tut mir gut. Ich habe kaum noch Rückenschm­erzen!“

Mediziner sehen den Einsatz des Spacecurls allerdings auch skeptisch. Günter Seibel, Chefarzt der Neurologie der Asklepios Klinik Nord (Heidberg): „Ein Ersatz zur herkömmlic­hen Physiother­apie ist es nicht. Besonders bei schweren neurologis­chen Erkrankung­en bezweifle ich, dass durch den Spacecurl Alltagspro­bleme der Betroffene­n gelindert werden können.“

Ähnlich sieht es Kay Niemier vom Rückenzent­rum Am Michel. Er glaubt, dass die Patienten bereits gut trainiert sein müssen, um den Spacecurl überhaupt nutzen zu können. „Sie müssen in der Lage sein, ihre Bewegungen zu kontrollie­ren.“

Bislang wird das Training von den Krankenkas­sen nicht bezuschuss­t. „Dafür müssten ausreichen­de Studien die Wirkung nachweisen“, erklärt Neurologe Seibel.

Schwungvol­l dreht sich von Reibnitz nach hinten, versucht, die Position zu halten. Doch die Ringe rotieren weiter. Sie seufzt, steigt aus und macht sich auf den Weg zum Job.

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