China macht das Netz dicht
Auch die „Schleichwege“ins freie Internet werden gesperrt. Experten vermuten Wirtschaftsspionage
Freier Zugang zum Internet? Das ist in China schon lange nicht mehr uneingeschränkt möglich. Eine „digitale Brandschutzmauer“hat die Führung laut Experten zwischen der Volksrepublik und dem Rest der Welt errichtet. Tausende Websites stehen auf dem Index. Und ab heute sind auch Schleichwege, im Fachjargon „Tunnel“genannt, versperrt.
PEKING –
Über diese „Tunnel“war es möglich, ins unzensierte weltweite Internet zu gelangen. Virtual Private Networks – kurz VPN – hieß der Umweg. Laut „Süddeutscher Zeitung“ging das so: Man lädt sich die Software eines VPN-Betreibers auf das Smartphone oder den Computer und wird zunächst mit einem Server außerhalb Chinas verbunden. Von dort gelangt man auf die gewünschten Websites. Statt mit einem chinesischen Absender (der sogenannten IP-Adresse des Endgerätes) surft man mit der Landeskennung des Auslandsservers.
Doch damit ist nun Schluss. Das zuständige Ministerium in Peking hat angekündigt, dass nur noch solche VPN-Tunnel erlaubt sein dürfen, die über einen der staatlichen Anbieter lizenziert und zugelassen worden sind. VPN wird es also weiterhin geben, mit enormer Rechenpower und Software soll es aber möglich sein, jede einzelne Internet-Verbindung im Reich zu checken und eine VPN-Verbindung sofort zu kappen. Sandro Gaycken, Direktor des Berliner Digital Society Institute, der auch die Bundesregierung in Fragen der Cybersicherheit berät, sagt der „SZ“, es gehe vordergründig darum, dass niemand mehr aus China Google oder Facebook erreichen kann. Aber: „Der durchaus gewünschte Nebeneffekt ist ein Zugriff auf sensible Unternehmensdaten. Das ist Wirtschaftsspionage.“Die neue Zensur fußt auf dem sogenannten Cybersicherheitsgesetz, das im vergangenen Sommer in Kraft getreten ist. Telekommunikationsunternehmen, Energieund Wasserversorger, Transportfirmen oder Finanzkonzerne dürfen seitdem nur noch IT-Produkte kaufen, die eine staatliche Sicherheitsüberprüfung bestanden haben.
Also kein Licht mehr im Tunnel. Doch wie wichtig die VPNSchleichwege für ausländische Unternehmen sind, belegt eine Umfrage der Deutschen Außenhandelskammer in China in der vergangenen Woche: Von 216 befragten deutschen Unternehmen gaben 83 Prozent an, dass VPN-Lösungen für das Geschäft „unbedingt notwendig“seien.