Der Prinz der Hoffnung
REFORMEN IM HORRORREICH Der saudische Thronfolger sorgt für frischen Wind
RIAD – Eine mittelalterliche Folterhölle – brutal gegen die eigenen Bürger und ein Kriegstreiber vom Jemen bis nach Syrien: Selbst all ihre Öl-Milliarden können das Bild vom Horror-Reich der Familie Saud nicht übertünchen. Thronfolger Mohammed bin Salman will das Land nun modernisieren. Wird so für Millionen Saudis zum Lichtblick. Doch um Frieden geht’s „MBS“nicht.
Es ist ein Knüller aus dem Mund eines konservativen Arabers: „Jedes Volk – egal wo – hat das Recht, friedlich als Nation zu leben. Ich glaube, dass die Palästinenser und die Israelis das Recht auf ein eigenes Land haben.“Israel? Bisher gehörte dessen Vernichtung zur Staatsräson arabischer Führer, mit großen Reden unters Volk gebracht.
Und jetzt: Realpolitik. „Israel ist eine starke und wachsende Wirtschaftsmacht“, so der Prinz. Hinter den Kulissen ist das alles nichts Neues: Schon lange machen Saudis und Israel gemeinsame Sachen – besonders gern, wenn es gegen den Iran geht. Doch neu ist, dass Salman offen ein Tabu aus dem Weg räumt: dass Israelis das Recht auf ein Leben in Frieden haben.
Überhaupt hat der 32-jährige Sohn von König Salman jede Menge Tabus im Visier: Mit der weit verzweigten Herrschersippe hat er sich angelegt, um deren exzessiver Raffgier Herr zu werden. Und, ganz heikel: Dem Klerus will er einen „gemäßigten Islam“verordnen. Für die durchweg dem extremistischen wahhabitischen Islam angehörenden Prediger ein ganz harter Brocken.
Im Wüstenreich der SaudDynastie sind das völlig unerhörte Töne. Die begeistert aufgenommen werden: Kinos und Pop-Konzerte, Frauen beim Fußball, Frauen am Lenkrad und im Cockpit, Frauen mit unverschleiertem Gesicht: In Rekordzeit öffnet Salman das finstere Reich seines Vaters.
Doch die Zeit drängt. Denn Salman denkt strategisch. Und hat den Erzfeind Iran im Visier. Zu seinen ersten Amtshandlungen gehörte vor zwei Jahren der Start eines grausamen Krieges im Jemen – die Saudis wittern dort hinter aufständischen Huthi-Stämmen Irans langen Arm. Ob das Königreich einen riskanten Konflikt mit Katar vom Zaun bricht oder die übelsten Mordbrenner in Syrien im Kampf gegen Präsident Assad und dessen iranische Verbündete hochrüstet: Oberstes Ziel ist es stets, Teheran auszubremsen.
Jetzt tourt MBS ausgiebig durch die USA. Will beim Plausch mit Promis wie Oprah Winfrey den Charmeur geben, will Milliardendeals einfädeln. Und Pläne schmieden im Weißen Haus. Wo mit Donald Trump ein Präsident amtiert, der die fixe Idee vom iranischen Reich des Bösen teilt. Das Saudi-Image vom bitterbösen Steinzeit-Regime in der Wüste stört da nur. Deshalb räumt der junge Prinz nun auf.