Hamburger Morgenpost

Protz-Blitz: Jetzt gibt’s einen schrägen 6er

BMW bietet einen GT in der 6er-Reihe: Wir hatten den 640i im Test

- Von KLAUS KRONSBEIN

Ich hatte mal wieder die Gelegenhei­t, ein Auto zu testen, das selbst meinem Chef vielleicht etwas zu teuer ist. Zumal es ein Auto ist, das man gar nicht so richtig einordnen kann: ein BMW 640i Gran Turismo.

Was heißt eigentlich Gran Turismo? Zunächst einmal ist dies die italienisc­he Übersetzun­g des englischen Grand Touring. So werden seit je her gut motorisier­te Sportwagen mit Komfort bezeichnet.

Wieso geben nun die Bayerische­n Motoren Werke einer 6er-Limousine mit schrägem Heck den italienisc­hen Beinamen Gran Turismo? Vielleicht weil der Riese (5 Meter lang, 1,90 Meter breit) für Fahrer italienisc­her Größe wie ein sportliche­r Van wirkt? Man weiß es nicht. Jedenfalls ist mein Testwagen ganz sicher nicht ein kleiner Sportwagen mit etwas mehr Komfort.

Zunächst ist es einmal ein Luxusschli­tten mit coupéhafte­m Schrägheck, das den „Platz da, ich bin Bayer“-Boliden eine sanfte Note verleiht. Sanft. Nicht sportlich. Natürlich sitzt man im 6er wie in einer Sänfte. Nach gefühlt dreistündi­ger Eingewöhnu­ng im Stand kommt man auch mit dem Mäuse-Kino zurecht, das wir früher Armaturenb­rett nannten. Früher! Früher hätten wir „Overthe-Air-Updates“, weitere Connectivi­ty-Features oder autonomes Parken für Science-Fiction-Spuk aus dem Raumschiff Enterprise gehalten. Heute sitze ich mittendrin.

Egal, was Sie beim Lesen einer Zeitschrif­t wie „Chip“nicht verstehen – BMW hat’s schon eingebaut. Das will bezahlt werden. Aber schon im Grundpreis von rund 69 000 Euro sind einige Spielereie­n drin, mit denen man angeben kann.

Bei allem Respekt, den dieser Wagen dem Erst-Tester einflößt, stellen sich doch ein paar Fragen. Wieso Schräg-Heckscheib­e und dann kein Heck-Scheibenwi­scher? Hat das Entwicklun­gsgeld nicht mehr gereicht? Wieso ein 6er GT und nicht ein 6er Touring (Kombi)? Dann könnte man den Wagen besser einordnen. Und er wäre beim Zurücksetz­en übersichtl­icher! Nun gut: Bei umgeklappt­er Rückbank fasst der GT 1800 Liter Gepäck. Das sind 100 Liter mehr als beim 5er Touring und 120 Liter mehr als beim Audi A6 Avant.

Kann so ein Schiff auch sportlich sein? Ja, kann es. Und immer mit dem notwendige­n Sicherheit­spaket als Flankensch­utz. Das heißt: Der 640i kann bissig, wenn er will (in 5,4 Sekunden auf 100 km/h) – man hat aber nie das Gefühl, dass man ihn bändigen muss. Die einen sagen „souverän und sicher“, die anderen „langweilig, ohne Inspiratio­n“.

Mein Fazit: Eine tolle Protzkiste für alle, die das Geld übrig haben. Mehr (Gepäck-)Platz bietet kaum ein sportliche­s Auto, mehr Sicherheit und KomfortSch­nickschnac­k bietet keiner. Ein teuer Spaß – aber eben auch ein Spaß.

Diese sF ahrzeug wurde uns von BMW zur Verfügun gg estellt: BMW 640i Gr anT urismo. Motor: 2998 ccm, 250 kW/340 PS, Heckantrie­b, Euro 6c, 0 bis 100 km/h: 5,4 Sek., Spitze: 250 km/h, Verbrauch: 7 Liter Sprit/100 km (Werksangab­e, während des Test nicht unter 10 Litern), CO2-Wert: 159 g/km, L/B/H in mm: 5091/1902/1538, Kofferraum: 610 bis 1800 l, Preis: ab 68 100 Euro

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Das Coupé-Heck des 6er GT ist nicht so hoch und unübersich­tlich wie das Heck des Vorgängers.

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