Wieder frei!
Aber er muss in Deutschland bleiben.
SCHLESWIG - Jubel in Katalonien, Empörung in Madrid: Carles Puigdemont, der letzte Regionalpräsident Kataloniens, ist nach 10 Tagen im Gefängnis von Neumünster wieder auf freiem Fuß. Der 55-Jährige hatte zuvor die vom Oberlandesgericht Schleswig geforderten 75 000 Euro Kaution hinterlegen lassen. „Ich möchte mich bei allen bedanken für ihre Hilfe und Solidarität. Vielen Dank“, sagte er auf Deutsch.
➤ Wie sehen die Auflagen für Puigdemont aus? Er darf Deutschland nicht verlassen, muss sich ein Mal wöchentlich bei der Polizei in Neumünster melden und jeden Wechsel seines Aufenthalts mitteilen.
➤ Woher stammt die Kaution? Die separatistische Organisation ANC (Katalanische Nationalversammlung) hat auf Twitter mitgeteilt, dass die Kaution aus der sogenannten „Solidaritätskasse“der ANC und des Kulturvereins Omnium Cultural bezahlt wurde.
➤ Welche juristischen Konsequenzen hat die Entscheidung? Das Oberlandesgericht hat zwar einen Auslieferungshaftbefehl gegen den 55-Jährigen erlassen, diesen aber unter Auflagen ausgesetzt. Den von der spanischen Justiz vorgebrachten Hauptvorwurf der Rebellion verwarfen die Schleswiger Richter als „unzulässig“. Der nach deutschem Recht in Betracht kommende Straftatbestand des Hochverrats sei nicht erfüllt – die Puigdemont zuzurechnenden Gewalttaten hätten kein Ausmaß erreicht, das den Willen der spanischen Verfassungsorgane hätte beugen können. Puigdemont kann nun nicht mehr wegen Rebellion angeklagt werden – ihm drohten dafür bis zu 30 Jahre Haft. Den Status eines politisch Verfolgten billigt ihm das Gericht aber nicht zu. Eine Auslieferung wegen Untreue wird weiter geprüft.
➤ Wie reagiert Berlin? Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) begrüßte die Entscheidung als „absolut richtig“: Spanien müsse darlegen, warum Puigdemont sich der Untreue schuldig gemacht haben soll: „Das wird nicht einfach sein.“Sonst werde der Haftbefehl aufgehoben. Der Katalane sei dann „ein freier Mann in einem freien Land – nämlich in der Bundesrepublik“. Ein klarer Ministerinnenrüffel für Spaniens Behörden.
➤ Wie reagiert Madrid? Die Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy reagierte mit Bedauern. „Einige Justizentscheidungen gefallen uns besser, andere weniger“, sagte Justizminister Rafael Catalá. Um den katalanischen Politiker doch noch in die Hände zu bekommen, will das Oberste Gericht Spaniens nun den Europäischen Gerichtshof einschalten. Die spanische Presse ist empört: Die Entscheidung schade ganz Europa und stelle das gemeinsame Recht infrage, schrieb „El Mundo“. ➤ Welche weiteren Konsequenzen hat die Entscheidung von Schleswig? Eigentlich müssten alle katalonischen Politiker, die wegen „Rebellion“in Haft sitzen, jetzt auch freikommen. Belgien entschied gestern schon mal, dass drei von Spanien mit Europäischem Haftbefehl gesuchte katalanische Politiker auf freiem Fuß bleiben dürfen.