Mieser Service in der „Top-Adresse“
Das Essen im „Parlament“ist ganz okay, beim Drumherum hapert’s
„Haben Sie reserviert?“, fragt der Chef von oben herab, um uns dann mit einem genuschelten „Kommssemalmit“an einen Katzentisch zu führen. Der Besuch im „Parlament“beginnt also denkbar unerfreulich, mal schauen, wie es im imposanten Gewölbe des Hamburger Rathauses so schmeckt.
Wir werden auf einer langen Bank platziert – eingequetscht zwischen anderen Gästen. Nach dem barschen Ton am Empfang fühlen wir uns ein bisschen wie in einem DDRRestaurant. Die Vorspeisen sind dann aber doch deutlich besser als zu „Honeys“Zeiten. Das Rindercarpaccio mit tasmanischem Bergpfeffer und Limonenöl (13,90 Euro) ist eine reichliche und ausgezeichnete Portion. Gleiches gilt für den norddeutschen Klassiker „Variationen von Räucheraal und Nordseekrabben mit Kräuterrührei auf gebuttertem Schwarzbrot“(16,90 Euro). Die Variationen des Aals bestehen allerdings gerade mal aus zwei kalten Stücken, dafür gibt es einen ordentlichen Haufen Krabben.
Nur Minuten (!) nach den Vorspeisen kommen die Hauptgerichte. Das gebratene Filet vom Rotbarsch mit Trüffelschaum, Blattspinat und gebratenen Drillingen (18,90 Euro) ist auf den Punkt gegart. Die Drilling-Kartoffeln sind lecker – insgesamt ein gelungenes Gericht. Das kann man nun vom Sauerbraten (19,90 Euro) nicht sagen. Das Fleisch ist zwar schön mürbe, doch der Apfelrotkohl schmeckt unangenehm süß und die Kartoffelklöße sind zu trocken.
Trocken bleibt auch die Kehle des armen Kollegen. Die eigentlich ganz patente Kellnerin vergisst sein Wasser. Zum Abschluss nimmt der Mann noch eine Crème brûlée zum stolzen Preis von 8,90 Euro für eine ziemlich kleine Portion. Die ist aber immerhin mit einem leckeren Mini-Obsalat garniert.
Bis in die 2000er Jahre galt der alte Ratsweinkeller unter Gastro-Urgestein Holger Urmersbach (78) als verstaubte Institution mit kalten Suppen und patzigen Kellnern. 2007 wurde renoviert und ein neuer Betreiber übernahm. Der MOPO-Test vor elf Jahren fiel gut aus. Und nun? Seit 2013 sind die Urmersbachs zurück, Sohn Constantin führt das Groß-Restaurant und behauptet: „Das Parlament gehörte schon immer zu den Top-Adressen Hamburgs.“Die Adresse Rathausmarkt 1 ist tatsächlich top. Das Restaurant ist es aber leider nicht.
➤ „Das Parlament“: Rathausmarkt 1, Mo-Sa 11.30-23.30 Uhr, Tel. 70 38 33 99, www.parlament-hamburg.de