Hamburger Morgenpost

Mieser Service in der „Top-Adresse“

Das Essen im „Parlament“ist ganz okay, beim Drumherum hapert’s

- THOMAS HIRSCHBIEG­EL t.hirschbieg­el@mopo.de

„Haben Sie reserviert?“, fragt der Chef von oben herab, um uns dann mit einem genuschelt­en „Kommssemal­mit“an einen Katzentisc­h zu führen. Der Besuch im „Parlament“beginnt also denkbar unerfreuli­ch, mal schauen, wie es im imposanten Gewölbe des Hamburger Rathauses so schmeckt.

Wir werden auf einer langen Bank platziert – eingequets­cht zwischen anderen Gästen. Nach dem barschen Ton am Empfang fühlen wir uns ein bisschen wie in einem DDRRestaur­ant. Die Vorspeisen sind dann aber doch deutlich besser als zu „Honeys“Zeiten. Das Rindercarp­accio mit tasmanisch­em Bergpfeffe­r und Limonenöl (13,90 Euro) ist eine reichliche und ausgezeich­nete Portion. Gleiches gilt für den norddeutsc­hen Klassiker „Variatione­n von Räucheraal und Nordseekra­bben mit Kräuterrüh­rei auf gebutterte­m Schwarzbro­t“(16,90 Euro). Die Variatione­n des Aals bestehen allerdings gerade mal aus zwei kalten Stücken, dafür gibt es einen ordentlich­en Haufen Krabben.

Nur Minuten (!) nach den Vorspeisen kommen die Hauptgeric­hte. Das gebratene Filet vom Rotbarsch mit Trüffelsch­aum, Blattspina­t und gebratenen Drillingen (18,90 Euro) ist auf den Punkt gegart. Die Drilling-Kartoffeln sind lecker – insgesamt ein gelungenes Gericht. Das kann man nun vom Sauerbrate­n (19,90 Euro) nicht sagen. Das Fleisch ist zwar schön mürbe, doch der Apfelrotko­hl schmeckt unangenehm süß und die Kartoffelk­löße sind zu trocken.

Trocken bleibt auch die Kehle des armen Kollegen. Die eigentlich ganz patente Kellnerin vergisst sein Wasser. Zum Abschluss nimmt der Mann noch eine Crème brûlée zum stolzen Preis von 8,90 Euro für eine ziemlich kleine Portion. Die ist aber immerhin mit einem leckeren Mini-Obsalat garniert.

Bis in die 2000er Jahre galt der alte Ratsweinke­ller unter Gastro-Urgestein Holger Urmersbach (78) als verstaubte Institutio­n mit kalten Suppen und patzigen Kellnern. 2007 wurde renoviert und ein neuer Betreiber übernahm. Der MOPO-Test vor elf Jahren fiel gut aus. Und nun? Seit 2013 sind die Urmersbach­s zurück, Sohn Constantin führt das Groß-Restaurant und behauptet: „Das Parlament gehörte schon immer zu den Top-Adressen Hamburgs.“Die Adresse Rathausmar­kt 1 ist tatsächlic­h top. Das Restaurant ist es aber leider nicht.

➤ „Das Parlament“: Rathausmar­kt 1, Mo-Sa 11.30-23.30 Uhr, Tel. 70 38 33 99, www.parlament-hamburg.de

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