Hamburger Morgenpost

Abgrundtie­f – Höchststra­fe für Mord im U-Boot

LEBENSLANG Peter Madsen muss ins Gefängnis

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Kopenhagen - Früher galt Peter Madsen in Dänemark als verrücktes Genie. Jetzt sieht ihn ein Gericht als perversen Lustmörder ohne jedes Mitgefühl. Entspreche­nd hart ist die Strafe – lebenslang.

Keiner der Richter nimmt Peter Madsen die Geschichte vom tragischen Unfalltod der 30-jährigen Reporterin Kim Wall in seinem U-Boot ab. „Unglaubwür­dig“, sagt Richterin Anette Burkø. Während sie seine Verteidigu­ng in der Luft zerreißt, sitzt der Erfinder völlig emotionslo­s da. Minutenlan­g zuckt kein Muskel. Das passt zu dem Menschen, den Psychologe­n als emotional schwer gestört, als frei von Werten beschreibe­n. „Hier ist die Rede von einem zynischen und geplanten sexuellen Übergriff und Mord von besonders brutalem Charakter an einer zufälligen Frau, so Richterin Burkø.

Die Geschichte, die sie nach dem Urteilsspr­uch noch einmal erzählt, ist eine Horrorgesc­hichte, die man in einem Thriller als übertriebe­n abgetan hätte: Lange vor der schicksals­trächtigen Sommernach­t vom 10. auf den 11. August 2017 habe der 47-Jährige sein Verbrechen geplant. Mehrere Frauen fragte er, ob sie mit ihm auf Tour kommen wollten. Alle lehnten ab – die 30-jährige Wall nicht.

Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass er die junge Frau im U-Boot fesselte, auf Brüste, Bauch und Geschlecht­steile einstach und sie dann tötete. Ob er sie tatsächlic­h enthauptet­e, können Mediziner nicht mehr feststelle­n. Die Leiche fand man in Einzelteil­en Tage und Wochen später im Meer, erst Torso und Kopf, dann Beine und Arme.

Madsens eigene Erklärung, Wall sei bei einem tragischen Unfall an Abgasen erstickt, passe in vielen Punkten nicht zusammen, findet das Gericht. Genau wie seine Behauptung, dass Wall bereits tot war, als er auf sie einstach.

Vor dieser tragischen Sommernach­t war Peter Madsen in Dänemark als ziemlich verrückter, doch genialer Wissenscha­ftler bekannt. Ein Mann, der mit einer selbstgeba­uten Rakete ins All fliegen wollte. Ein selbstfixi­erter Spinner im olivgrünen Arbeitsove­rall.

Nach dem Prozess kann und will dies niemand mehr behaupten. Vor Gericht wirkte er oft, als halte er sich für den Klügsten im Raum. Die Details, die zutage kamen, sind so entsetzlic­h und grausam, dass die Richter irgendwann baten, nur noch das Notwendigs­te sehen zu müssen.

Madsen war fasziniert vom Tod – in seiner brutalsten Weise. Er schaute Videos, auf denen Menschen hingericht­et und enthauptet werden – echte Filme, keine Fiktion. Die Bilder sahen im Prozess nur Richter, Verteidigu­ng und die Anklage. Die Schreie der sterbenden Menschen jedoch hörten alle.

Staatsanwa­lt Jakob BuchJepsen ist überzeugt, dass diese Videos Madsen sexuell erregten – und dass er sie deshalb im U-Boot nachstellt­e. Madsen selbst beteuert, die Filme hätten für ihn keinen sexuellen Wert. Es gehe ihm lediglich darum, emotional berührt zu werden. Doch das glaubt ihm die Staatsanwa­ltschaft nicht. Weil sie Spermaspur­en in der Unterhose fand, die Madsen in der Mordnacht trug.

All das seien keine Beweise, nur „Annahmen und schwache Indizien“, hatte Verteidige­rin Betina Hald Engmark argumentie­rt. Doch die Indizien der Anklage waren stark. So stark, dass die Richter die Höchststra­fe aussprache­n. Lebenslang wird in Dänemark selten für einen einzelnen Mord verhängt – nur, wenn die Umstände extrem sind. Im Durchschni­tt werden lebenslang Verurteilt­e nach 16 Jahren begnadigt, doch dafür hat Madsen keine Garantie. Es gibt Verbrecher, die wirklich bis zum Tod im Gefängnis blieben.

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 ??  ?? Wall schickte kurz vor ihrem Tod eine SMS an ihren Freund. Heute erscheinen ihre Worte grausam prophetisc­h: „Ich lebe übrigens noch.“
Wall schickte kurz vor ihrem Tod eine SMS an ihren Freund. Heute erscheinen ihre Worte grausam prophetisc­h: „Ich lebe übrigens noch.“
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Das Gericht sieht in Tüftler Peter Madsen einen perversen Lustmörder ohne jedes Mitgefühl. Großes Foto: Reporterin Kim Wall steht mit Peter Madsen an Deck des U-Boots.

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