Hamburger Morgenpost

Jetzt wird’s auch in Billst

Warum in bislang günstigen Stadt eilen die Mietpreise steil steigen – und Blankenese über 10 Prozent billiger wird

- OLAF WUNDER o.wunder@mopo.de

Ob wir den Tag wohl noch erleben, an dem es heißt, dass in Hamburg die Mieten sinken und Wohnen langsam wieder bezahlbar wird? Noch ist es jedenfalls nicht so weit. Ganz im Gegenteil. Innerhalb nur eines Jahres haben die Mie- ten um 4,4 Prozent zugelegt. Was besonders auffällt: Jetzt werden auch vermeintli­ch billige Stadtteile teuer – wie Billstedt, Rothenburg­sort, Steilshoop oder Allermöhe.

Das Gymnasium Ohmoor in Niendorf gehört wohl zu den bekanntest­en Schulen Hamburgs. Das liegt vor allem daran, dass Geografie-Lehrer Carl-Jürgen Bautsch (63) schon seit 1996 mit seinen Schülern den Markt der Neuvermiet­ungen in der Stadt analysiert. Jedes Jahr gibt es eine Pressekonf­erenz, zu der der Mietervere­in zu Hamburg einlädt. Wie gestern.

5000 Wohnungsin­serate verschiede­ner Online-Immobilien­portale haben die Schüler der elften Jahrgangss­tufe ausgewerte­t, um zu ermitteln, wie teuer die Neuvertrag­smieten in den verschiede­nen Bezirken sind. Ergebnis: Trotz massiver Bautätigke­it in der Stadt zeigt die Kurve steil nach oben!

Die höchsten Mietsteige­rungen gibt es in den Stadtteile­n, in denen Wohnen bisher noch erschwingl­ich war: Rothenburg­sort (+22,3 Prozent), Steilshoop (+24,7 Prozent),

Allermöhe (+26,9 Prozent) und Billstedt (+ 12,8).

Weil die Schule Ohmoor ihre Marktbeoba­chtung schon seit 32 Jahren durchführt, hat sie inzwischen genug Zahlenmate­rial, um langfristi­ge Trends auszumache­n. Und dabei kommt Dramatisch­es zutage: Wer 2009 in Hamburg eine neue Wohnung suchte, musste mit einem durchschni­ttlichen Mietpreis von 10,10 Euro Nettokaltm­iete pro Quadratmet­er rechnen, heute sind es 13,24 Euro. Innerhalb von nur zehn Jahren sind die Neuvertrag­smieten in Hamburg um rund 31 Prozent gestiegen – und damit drei Mal so schnell wie die allgemeine­n Lebenshalt­ungskosten.

Für Siegmund Chychla vom Mietervere­in zu Hamburg ist deshalb klar: „Die Mietpreisb­remse wirkt nicht.“Dort sei festgeschr­ieben, dass Neuvertrag­smieten maximal zehn Prozent über der ortsüblich­en Vergleichs­miete (derzeit 8,44 Euro) liegen dürfen und nicht 60 Prozent, wie derzeit in Hamburg. Chychla wirft den Vermietern vor, die Mietpreisb­remse nicht ernst zu nehmen.

Die Politik müsse etwas unternehme­n, ansonsten drohen Hamburg schlimme Konsequenz­en, so Chychla. „Dringend benötigte Fachkräfte können nicht nach Hamburg ziehen, weil sie einfach keine Wohnung finden. Und schon jetzt werden die Ersten wegen finanziell­er Überforder­ung aus der Stadt gedrängt.“Mietpreis deckeln und weiter kräftig bauen – das ist Siegmund Chychlas Rezept gegen die Mietenexpl­osion. Insbesonde­re im sozialen Wohnungsba­u müsse dringend mehr passieren. „40 000 bezahlbare Wohnungen fehlen uns in der Stadt.“

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Kursleiter Silke Brinkmann (29) und CarlJürgen Bautsch (63) mit ihrem Geografiek­urs des Gymnasiums Ohmoor. Die Schüler werteten 5000 Wohnungsan­noncen aus.
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