Zoff um Seehofers Abschiebe-Knast
40 NEUE „ANKER-ZENTREN“Flüchtlinge sollen bis zu 18 Monate vor Ort bleiben
BERLIN - Horst Seehofer macht Ernst: Bereits im August will der neue CSU-Innenminister das erste von bis zu 40 „Anker-Zentren“eröffnen. 1500 ankommende Flüchtlinge sollen dort bis zu 18 Monate bleiben und bei abgelehntem Asylantrag direkt abgeschoben werden.
In den „Anker-Zentren“soll die Identität der Asylbewerber geklärt und bei jungen Flüchtlingen das Alter festgestellt werden. Asyl-Entscheider und Verwaltungsrichter sollen dann über den Schutzstatus entscheiden. Bei Ablehnung folgt eine schnelle Abschiebung.
Allerdings gibt es heftigen Widerstand: Linke und Grüne lehnen die Zentren als „Abschiebeknast“ab. Die Gewerkschaft der Polizei weigert sich mitzumachen. „Wir sagen als Gewerkschaft der Polizei – mit uns nicht“, sagt Jörg Radek, Vize-Chef der GdP in der Bundespolizei. Radek hat sich die bayerischen „Transitzentren“in Manching und Eichstätt – die Vorbilder für Seehofers Projekt – angesehen. In diesen „Lagern“gehe es um Kasernierung über Monate, vielleicht sogar Jahre anstatt um Integration. Das sei falsch. Es sei nicht Job der Bundespolizei, da die Verantwortung zu übernehmen. Die größten Probleme:
➤ Die Zentren bleiben in der Kompetenz der Bundesländer. Seehofer muss sich also über das Verfahren mit Ländern einigen, in denen die Grünen oder die Linke mitregieren. Die sehr unterschiedliche Abschiebepraxis könnte sich also fortsetzen.
➤ Die lange Verweildauer: Alleinstehende sollen bis zu 18 Monate im Lager bleiben, Familien bis zu sechs Monate. Ob das verfassungsrechtlich zulässig ist, bezweifeln Experten. Die Polizei fürchtet, dass dies „erhebliches Aggressionsund Gefährdungspotenzial“birgt.
➤ Unklares Rechtsverfahren: Wer berät die Flüchtlinge im Verfahren bei Klagen? Der Asylrechtsexperte Constantin Hruschka kennt das Schnellverfahren der
Schweiz. Er rät dazu, eine unentgeltliche, unabhängige Rechtsberatung einzuplanen. „Wenn das Bundesamt für Migration die Beratung übernimmt, wäre das äußerst fragwürdig“, warnte Hruschka im „Handelsblatt“.
➤ Ein Berg unerledigter Verfahren. Bereits heute ist das Asylverfahren beim BAMF das eigentliche Nadelöhr, gefolgt vom Engpass bei den Gerichten. Dort liegen 350 000 anhängige Verfahren von abgelehnten Asylbewerbern. Die Länder haben rund 1700 Verwaltungsrichter für die erste Instanz abgestellt, die es aber nicht schaffen, den Berg an Verfahren abzuarbeiten.