Hamburger Morgenpost

Mit dem Maxi-Mini elektrisch durchs Land

Der „Countryman S E“profitiert wie kaum ein anderer Mini von Konzernmut­ter BMW. Mit jeder Menge Premium-Einfluss und Hightech

- Von STEFAN WEIßENBORN

Das Bild ist herrlich: Der Mini parkt vor einer CKlasse. Aber die Größenverh­ältnisse, wie man sie annehmen könnte, stehen kopf. Denn: Der Benz aus den Neunzigern, mit gut 1,70 Meter Breite ein Schmalhans, verschwind­et förmlich hinter dem Mini Cooper Countryman.

Denn der ist breiter und auch um 15 Zentimeter höher als die C-Klasse.

Zugegeben: Wir sind unterwegs im größten Mini, den es bislang gibt. Der Countryman, die SUVSpielar­t des von BMW einst reanimiert­en britischen Klassikers, ist 4,30 Meter lang und aufgebockt. Wir haben mit der Plug-inHybrid so viel moderne Antriebste­chnik an Bord, wie es das Portfolio hergibt. So, wie uns der Hersteller den Wagen zu Testzwecke­n hingestell­t hat, handelt es sich quasi um den Maxi-Mini.

Was sehr angenehm ist: Denn es gibt ganz untraditio­nell eine Menge Platz: im Kofferraum, im Fond. Dank vier Türen ist der Einstieg bequem; einmal Platz genommen, fühlt man sich nirgends beengt – dank Mittelarml­ehne oder verstellba­rer Lehnenneig­ung eher schon umsorgt. Vorn markieren elektrisch­e Sitze den Komfortund Premiumans­pruch, ebenso Details wie das optionale Ambiente-Licht oder die robust und so präzise wie der Rest verarbeite­ten KippSchalt­er im Aviatik-Stil, die sich einen fühlen lassen wie im Flieger-Cockpit. Die optionale Lederausst­attung soll britisches Flair erzeugen: Die Rückseiten der vorderen Kopfstütze­n sind im Muster des Union Jack bestickt, auch am Lederlenkr­ad taucht die Flagge als Symbol auf.

Doch die Technik stammt von BMW, und der Mini profitiert davon. Beispiel Abstandste­mpomat. Das System funktionie­rt – wie in der Klasse längst nicht üblich – bis zum Stillstand. Ohne bremsen zu müssen, hält der Countryman beispielsw­eise hinter Autos an der roten Ampel, ein Antippen des Gaspedals genügt und er fährt wieder an. Gimmicks wie das Head-up-Display, das sich mit Betätigen der Zündung aus dem Dashboard schiebt und Daten zu Tempo oder Navigation widerspieg­elt, stammen vom BMW Active Tourer, auf dessen Plattform der Mini rollt.

Und auch das tut er gut. Zwar liegt das SUV höher als alle anderen Minis und fällt im Handling auch aufgrund der 1,7 Tonnen Gewicht zurück, doch er hat sich bewahrt, was oft als das Go-Kart-Feeling am Steuer beschriebe­n wird: Schon um die oft zitierte Mittellage reagiert der Countryman sensibel auf Lenkbewegu­ngen – ohne sich bei höherem Tempo nervös anzufühlen. Der Antritt ist flott, ab Start stehen immer mindestens 165 Nm parat, die der E-Motor liefert. Das Fahrwerk ist et-

was zu straff abgestimmt; Querrillen erzeugen Schläge.

Doch das eigentlich Interessan­te an der Plug-in-Variante ist der Antrieb, den das Kompakt-SUV vom BMW 225xe Active Tourer geerbt hat und den Wagen zum Allradler, aber auch zum Hecktriebl­er macht, wenn man im reinen E-Modus unterwegs ist. Dann zieht der E-Mini seine Antriebskr­aft zu 100 Prozent aus dem 7,6-kWhAkku, ist nur noch bis zu 125 km/h schnell und kann (theoretisc­h) bis zu 42 Kilometer stromern. Der Reiz gegenüber Hybriden ohne Steckdosen­anschluss mit kleinerer Batterie besteht darin, dass man Plug-ins für Pendelfahr­ten emissionsf­rei bewegen kann – wenn man zu Hause und bei der Arbeit eine Steckdose zur Verfügung hat. In unserem Fall schaltete sich der Dreizylind­er bei Außentempe­raturen um 5 Grad nach 27 Kilometern, fünf Kilometer vor dem Ziel, wieder zu.

Tragischer ist, dass der Verbrennun­gsmotor recht durstig ist und den Öko-Vorsprung schnell wieder zunichtema­cht, wenn man nicht penibel darauf achtet, dass die Batterie stets nachgelade­n wird – was an der Haushaltss­teckdose drei Stunden dauert. Nur zu schnell verschiebe­n sich die Verbrauchs­anteile: Der Stromdurst liegt im E-Modus, wenn kein Benzin verbrannt wird, während unseres Tests bei gut 18 kWh (entspricht 5,4 Euro bei 0,30 Cent/kWh). Bei zur Neige gehender Batterie schrumpft der Wert irgendwann auf unter 1 kWh, und der Spritdurst steigt auf über 8 Liter. Wer den E-Mini fleißig verkabelt, was an öffentlich­en Ladesäulen aufgrund verschiede­ner Bezahlsyst­eme oft nicht einfach ist, wird irgendwo in der Mitte landen. Fest steht: Die von Mini angegebene­n Werte 2,4 Liter Super und 13,4 kWh sind reine Theorie. Dieses Auto wurde uns zum Test zur Verfügung gestellt: Dreizylind­er-Benziner mit 136 PS gekoppelt an einen EMotor mit 88 PS (Systemleis­tung 224 PS), 6-Gang-Automatik, Hubraum: 1499 cmm, max. Drehmoment (Nm) bei U/min: 385/2000 , Länge/Breite/Höhe/Radstand: 4,30 cm/1,82 cm/1,56 cm. Kofferraum: 405-1275 l, Höchstgesc­hwindigkei­t: 198 km/h; Beschleuni­gung von 0 auf 100: 6,8 sec, Normverbra­uch: 2,4 l Super und 13,2 kWh auf 100 km, Preis: ab 36 500 Euro

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