Hamburg kommt in den Himmel!
TELEMICHEL In fünf Jahren soll Hamburgs höchstes Gebäude in neuem Glanz erstrahlen
Jahrelang war er uneinnehmbar, eine in den Himmel ragende Festung, die niemand erklimmen konnte. Jetzt hat die MOPO Hamburgs Telemichel erobert – und sich für einen Vormittag die Stadt zu Füßen gelegt!
Wer sich Hamburg untertan machen will, muss eben ganz hoch hinaus. Und benötigt ein bisschen Zeit. 56 Sekunden dauert es mit dem derzeit einzigen Fahrstuhl, um die obere Aussichtsplattform in 150 Metern Höhe zu erreichen. Per Feuertreppe sind es 45 Minuten – wenn man nicht gerade ein trainierter Sportler ist.
Oben angekommen ist der Ausblick dann majestätisch: Michel, Elbphilharmonie, Volksparkstadion – alles wirkt wie kleine Nachbauten. Hamburg als Miniaturwunderland, das gibt’s eben nicht nur in der Speicherstadt zu bestaunen, sondern auch vom Heinrich-Hertz-Turm aus.
„Das ist ein idealer Ort, weil man hier den besten Überblick über die Stadt hat“, schwärmt Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) gestern bei einer Besichtigung des Fernsehturms. Anlass war der 50. Geburtstag des Gebäudes. Nicht der einzige Grund zum Feiern. Der Turm-Eigentümer, die Deutsche Funkturm GmbH, gab offiziell bekannt, dass die Aussichtskanzel ab 2023 wieder dauerhaft geöffnet werden soll. Was genau die Hamburger und zahlreiche Touristen in fünf Jahren erwarten können, ist jedoch noch unklar.
„Das hängt davon ab, wer den Zuschlag für den Betrieb bekommen wird“, sagt Funkturm-Chef Bruno Jacobfeuerborn. Aktuell läuft das Ausschreibungsverfahren, Ende des Jahres soll der Zuschlag erteilt werden. Denkbar ist, dass auch wieder ein Restaurant in den Telemichel einzieht – wie vor der Turm-Schließung 2001. Noch heute erinnern sich viele Hamburger gerne an das „Kuchen satt“-Angebot. Sitzen, Torte essen, die Aussicht genießen – während sich das Restaurant einmal um die Achse des Turms dreht.
Dafür müsste die sogenannte Drehscheibe aber erstmal saniert werden. Wie so viele andere Bereiche in dem denkmalgeschützten Turm. Der Brandschutz muss erneuert, zwei neue Fahrstühle eingebaut werden. Bund und Stadt stellen je 18,5 Millionen Euro bereit. Weitere Kosten übernimmt die Deutsche Funkturm. „Mindestens 20 Jahre soll der Turm der Öffentlichkeit zugänglich sein“, so Jacobfeuerborn.
Gratis wird die Aussichtsplattform aber wohl nicht betreten werden könne. Am Berliner Fernsehturm werden laut Funkturm für einen Besuch 17 Euro verlangt – es gilt als offenes Geheimnis, das dessen Betreiber auch am Telemichel interessiert ist.
Wer auch immer am Ende den Zuschlag erhält, soll auch ein neues Eingangsgebäude am Fuße des Turms errichten. Und wird dort – sollte es wieder ein Turm-Restaurant geben – die Küche integrieren müssen. „Aus Sicherheitsgründen darf man hier oben keine Pommes machen“, sagt Bruno Jacobfeuerborn und lacht.
Gute Laune hatten – neben den Pressevertretern – auch die wenigen Besucher, die den Telemichel-Vormittag bei einer Verlosung gewonnen hatten. „Seit Jahren habe ich darauf gehofft, dass der Fernsehturm wieder eröffnet wird“, sagte etwa Brigitte Seller aus Bad Bramstedt. Auch für ihre Enkel war der HöhenTrip ein echtes Erlebnis – genau wie für die MOPO: Die Reporter durften nämlich sogar noch höher hinaus – auf 180 Meter!
Also dorthin, wo die ersten Funkmasten stehen und keine Balustrade mehr den Blick auf Hamburg verdeckt. Hier testet die Deutsche Telekom mit 5G den Mobilfunkstandard der nächsten Generation. Mit dieser neuen Technik sollen sich unter anderem auch Ampeln intelligenter schalten lassen. Ab 2020 soll das neue Netz dann allen zur Verfügung stehen. Drei Jahre später gilt das auch für Hamburgs Fernsehturm.
„Für die Identitätsbildung ist so ein Ort von hoher Bedeutung“, sagte Architekt und Autor Friedrich von Borries, der gestern einen Vortrag auf dem Telemichel gehalten hat. „Wer auf dem Turm steht und auf die Stadt blickt, weiß: Hier ist Hamburg. Hier komme ich her. Hier bin ich zu Hause.“Genau so ist es.