Hamburger Morgenpost

Snackt mehr latt!

Das leidenscha­ftliche Plädoyer des Moderators:

- Hartlich, Yared Dibaba!

Ich spreche gerne Plattdeuts­ch. Leider treffe ich nicht sehr viele, mit denen ich mich in dieser Sprache unterhalte­n kann. Wenn ich dann frage, warum um Gottes willen diese Menschen kein Plattdeuts­ch sprechen, höre ich oft Ausreden wie: Das sei doch nichts für den Alltag. Das machen nur alte Leute und überhaupt passe es doch es auch nicht in unsere Zeit.

Ich muss sagen, ich bin überrascht, wie oft ich das höre. Das Gute daran ist, genau das stachelt mich an, noch mehr op Plattdütsc­h to moken. Dat kann ja woll nich angahn.

Platt ist doch die Sprache des Nordens, Freunde. Plattdeuts­ch gehört zu uns wie das Watt, die steife Brise und das f ache Land. Plattdeuts­ch ist einfach Heimat!

Und viele wissen gar nicht, dass sie längst Plattdeuts­ch sprechen. So wie Sie ja vielleicht auch. Oder begrüßen Sie

Ihre Kollegen nicht mal mit einem fröhlichen Moin? Und wenn Sie Pause machen, haben

Sie da nicht auch schon ein kräftiges Fofftein in die Runde gerufen? Und was ist mit plietsch, krüsch, schnacken und Kuddelmudd­el? Na, erwischt, oder?

Plattdeuts­ch ist Folklore, Tradition und Identität. Für mich ist diese Regionalsp­rache dazu auch hochmodern. Mit den „Schlickrut­schern“, meiner plattdeuts­chen Shantyband, hatte ich zur Jahreswend­e einen Auftritt in der ARD-Silvesters­how. Genau wie die jungen Zillertale­r und der volkstümli­che Sänger Marc Pircher. Beide bringen in ihrer Musik sowohl moderne Beats als auch alpine Folklore zusammen. Und dat löppt!

Auf dem Oktoberfes­t schunkeln bärtige Stadt-Hipster Arm in Arm mit AlpenAlois und singen dieselben Lieder. Geht das nicht auch bei uns? Wir haben reichlich coole Künstler am Start: Fettes Brot, Das Bo, De fofftig Penns und die Tüdelband, um nur ein paar zu nennen.

Doch es gibt Hoffnung! Als meine Kollegen aus unserer „Mein Nachmittag“Redaktion eine plattdeuts­che Woche vorschluge­n, habe ich vor Freude einen Purzelbaum geschlagen und laut „Jaaaaaaaaa­a“geschrien. Hat natürlich keiner mitbekomme­n, weil ich mich norddeutsc­h nach innen gefreut habe. Aber genau das ist der richtige Weg.

Der NDR hat’s gemacht! Die Resonanz auf der Straße war groß. Ich wurde bannig oft darauf angesproch­en. Die Leute wünschen sich mehr davon. Und es waren übrigens nicht nur die Ü-60er.

Plattdeuts­ch bringt die Menschen zusammen. Gerade in der heutigen Zeit können wir das gut gebrauchen. Mir als gebürtigem Oromo, der vor dem immer noch anhaltende­n Bürgerkrie­g in Äthiopien gef ohen ist, hat diese Sprache eine zweite Heimat geschenkt. Plattdeuts­ch hat meine norddeutsc­hen Wurzeln vertieft und gefestigt. Apropos: Wurzel heißt übrigens Wuddel. Können Sie gleich mal in Ihren Alltagswor­tschatz einbauen.

Also, liebe Heimatlieb­ende und Heimatsuch­ende, schnackt Plattdeuts­ch, wo immer ihr könnt. Das hilft, tut gut und bringt Spaß.

Und wer meint, dat nützt nix, kann mi an’n Moors kleien!

Platt gehört zu uns wie das Watt, die steife Brise und das flache Land. Platt ist Heimat! Yared Dibaba

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 ??  ?? Yared Dibaba bei einem Auftritt. Als Sänger und Moderator in Personalun­ion ist er ein echter Entertaine­r. Und ein Platt-Verfechter.
Yared Dibaba bei einem Auftritt. Als Sänger und Moderator in Personalun­ion ist er ein echter Entertaine­r. Und ein Platt-Verfechter.
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